Medizin

Kontaminiertes Hühnerfleisch wichtigster Risikofaktor für Campylobacter-Enteri­tiden in Deutschland

  • Montag, 6. November 2017
/dpa
/dpa

Berlin – Mit mehr als 70.000 Erkrankungen im Jahr 2016 ist die Campylobacter-Enteritis zur häufigsten meldepflichtigen bakteriellen Erkrankung in Deutschland geworden. Eine Fall-Kontroll-Studie im Epidemiologischen Bulletin (2017; 44: 501–507) ist jetzt den Ursachen auf den Grund gegangen.

Mehr als 2.000 Patienten, die wegen einer Campylobacter-Enteritis den Gesundheits­behörden gemeldet worden waren, haben in den letzten Jahren einen ausführlichen Fragebogen des Robert Koch-Instituts ausgefüllt. Sie haben dort Angaben zu ihrem Verzehr von Lebensmitteln gemacht, wobei die Fragen insbesondere Fleischprodukte und andere Lebensmittel tierischer Herkunft betrafen, die im Verdacht stehen, Campylo­bacter zu übertragen.

Zusätzlich wurden Informationen zu Verzehrgewohn­heiten, zur Küchenhygiene im Haushalt, dem Kontakt mit Tieren, Freizeitaktivitäten sowie zur beruflichen Exposition mit Fleischprodukten erhoben. Auch die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) wurde abgefragt, da diese Mittel über die Blockade der Magensäurebildung das Risiko auf Darminfektionen erhöhen könnten.

Den gleichen Fragebogen füllten auch etwa 4.000 Personen aus, die nicht an einer Campylobacter-Enteritis erkrankt waren. Aus dem Vergleich der Antworten beider Gruppen kann auf mögliche Risikofaktoren geschlossen werden. Zusätzlich wurden die Isolate von 613 Patienten in Labors mit Isolaten aus fünf verschiedenen Tierquellen verglichen. Diese „Source-Attribution“-Analyse sollte klären, ob die Ergebnisse der Fall-Kontroll-Studie auch mikrobiologisch plausibel sind.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Der Verzehr von Hühnerfleisch, Essen außer Haus und die Zubereitung von abgepacktem Geflügelfleisch sowie die gleichzeitige Zubereitung von rohem Fleisch mit anderen Lebensmitteln, die nicht erhitzt verzehrt werden, waren die wichtigsten Verursacher von Darminfektionen mit Campylobacter-Bakterien. 

Die Odds Ratios waren zwar relativ gering. Sie lagen im Bereich von 1,3 bis 1,6, was ein um 30 bis 60 Prozent erhöhtes Risiko anzeigt. Da die vier Risikofaktoren jedoch in der deutschen Esskultur sehr häufig sind, erklären sie die Mehrzahl aller Infektionen. Allein für den Verzehr von Hühnerfleisch ermittelt das Team um Bettina Rosner einen populationsattributablen Anteil (PAR) von 31 Prozent. Der PAR ist hier der Anteil der Erkrankungen, die in Deutschland vermieden würden, wenn kein Hühnerfleisch verzehrt würde.

Für „Essen außer Haus“ ermittelten die Forscher einen PAR von 30 Prozent. Die „Zuberei­tung von Geflügelfleisch im Haushalt“ war für 14 Prozent der Erkrankungen und die „gleichzeitige Zubereitung von Lebensmitteln, die nicht erhitzt verzehrt werden, und rohem Fleisch im Haushalt“ für 12 Prozent der Darminfektionen verant­wortlich. Auf den (beruflichen) Kontakt mit Geflügeltieren entfallen 3 Prozent der Erkrankungen. 

Eine weitere wichtige Ursache war die Einnahe von PPI. Sie könnte nach den Berechnungen der Forscher für 10 Prozent der Erkrankungen verantwortlich sein.

Dass von kontaminiertem Hühnerfleisch ein Risiko ausgeht, ist nicht neu. In der Europäischen Union sollen ab 2018 Grenzwerte für Campylobacter auf Geflügel­karkassen festgelegt werden. Ob sie die Zahl der Infektionen senken werden, bleibt abzuwarten. Verbraucher können sich am besten schützen, indem sie Geflügelfleisch ausreichend erhitzen und Kreuzkontaminationen mit anderen Lebensmitteln in der Küche vermeiden.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung