Krankenhäuser: GKV-Spitzenverband plädiert für mehr Qualitätsvorgaben des Bundes

Berlin – Der GKV-Spitzenverband hat eine weitergehende Strukturierung der deutschen Krankenhauslandschaft anhand einheitlicher Qualitätsvorgaben des Bundes gefordert. „Viele erwarten eine Strukturierung der Krankenhauslandschaft von der Landesplanung. Wir glauben, dass das nicht funktioniert“, sagte der Leiter der Abteilung Krankenhaus des GKV-Spitzenverbandes, Wulf-Dietrich Leber, heute vor Journalisten.
Kein Bundesland habe die Mittel, eine Strukturierung durchzusetzen, die die Krankenhausträger nicht wollten. Deshalb müsse eine Strukturierung über Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erfolgen. Der G-BA habe zum Beispiel über seine Definition der Notfallstufen für bundeseinheitliche Vorgaben gesorgt, so Leber. Diese seien auch während der COVID-19-Pandemie zur Finanzierung der Krankenhäuser herangezogen worden.
Während der ersten Pandemiewelle hätten noch 1.772 Krankenhäuser Ausgleichszahlungen des Bundes für nicht belegte Krankenhausbetten erhalten. In der zweiten Welle habe sich die Zahlung von Ausgleichspauschalen dann unter anderem am Notfallstufenplan des G-BA orientiert.
„In dieser Phase haben nur noch 430 Krankenhäuser Ausgleichszahlungen erhalten“, sagte Leber. Gestern lief der Rettungsschirm für die Krankenhäuser aus. Bis dahin habe das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Modalitäten mehrfach geändert, sodass am Ende 977 Krankenhäuser Pauschalen vom Bund erhalten hätten, wie Leber erklärte.
Krankenhausfälle bleiben dauerhaft niedriger
Er forderte, dass die Krankenhauslandschaft künftig noch stärker durch Mindestmengen und andere Qualitätsvorgaben strukturiert werden müsse. Dies sei unter anderem deshalb legitim, weil der Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Krankenhäuser heute dreimal so hoch sei wie der Beitrag der Länder.
„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft nennt das eine kalte Strukturierung der Krankenhauslandschaft“, sagte Leber. „Wir glauben, dass es keine bessere Idee gibt, als über eine Qualitätssicherung zu strukturieren.“ Neu sei dabei, dass den bundeseinheitlichen Vorgaben nicht mehr die Länder, sondern das Finanzministerium zustimmen werde.
Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass die Zahl der Krankenhausfälle nach dem Ende der Coronapandemie nicht wieder auf das vorherige Niveau ansteigen wird. „Wir vermuten, dass es Dinge gibt, die sich nachhaltig verändern werden: die Anwesenheit im Büro, innerdeutsche Flüge und auch die Krankenhausfälle“, sagte Leber.
Schon zwischen 2005 und 2019 habe es einen Trend zu immer kürzeren Verweildauern im Krankenhaus gegeben. Der häufigste Krankenhausfall dauere heute einen Tag. „Was heute ein Ein-Tages-Fall im Krankenhaus ist, ist morgen infolge des medizinisch-technischen Fortschritts ein ambulanter Fall“, meinte Leber. Die derzeit vorgenommene Überarbeitung des Katalogs ambulant durchführbarer Operationen werde der Ambulantisierung einen weiteren Schub versetzen.
DRG-System um Vorhaltekosten ergänzen
Das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) habe „sich im Grundsatz bewährt“, meinte Leber. „Man muss es aber weiterentwickeln. Derzeit haben wir keine richtige Finanzierung von Vorhaltekosten. Die landläufige Logik ist: In Zeiten von steigenden Fallzahlen sind alle für Fallpauschalen. In Zeiten von rückgängigen Fallzahlen sind alle für eine Vorhaltefinanzierung. Man muss dann aber auch definieren, wofür die Vorhaltekosten ausgegeben werden, und man muss einen Bevölkerungsbezug einbauen.“
Die Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus den DRGs kritisierte Leber: „Das war keine gute Idee. Derzeit streitet man sich auf Ortsebene darüber, was alles in das neue Pflegebudget aufgenommen werden soll und kann sich vielfach nicht einigen. Nicht einmal ein Drittel der Krankenhäuser hat für 2020 ein Budget vereinbart.“
Selbstverwaltung hat mutige Entscheidungen getroffen
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand des GKV-Spitzenverbands, lobte die Krankenhäuser für ihr schnelles und unbürokratisches Handels zum Beginn der Pandemie. „Das System der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich in der Krise bewährt und die flächendeckende Versorgung der Menschen sichergestellt“, sagte sie. „Mit schnellen und mutigen Entscheidungen hat die Selbstverwaltung einen wesentlichen Teil zur Bewältigung der Pandemie beigetragen.“
Auch viele der Maßnahmen der Politik seien effektiv gewesen – allerdings nicht effizient. „Das Ziel der Politik, dass kein Krankenhaus durch gesetzliche Maßnahmen während der Pandemie wirtschaftliche Nachteile davonträgt, wurde übererfüllt“, sagte Stoff-Ahnis.
So hätten die Krankenhäuser im Jahr 2020 13 Prozent weniger Fälle behandelt, durch die Ausgleichszahlungen ihre Erlöse aber um 15 Prozent gesteigert. „Noch nie war so viel Geld für so wenige Leistungen im System wie im vergangen Jahr“, sagte Stoff-Ahnis. „Aus finanzieller Sicht war für die Krankenhäuser 2020 ein goldenes Jahr.“
Sie bezeichnete die Rettungsschirme der Politik während der Pandemie als nachvollziehbar und wichtig. „Wir kritisieren aber, dass die Fallzahlen des Jahres 2019 als Anknüpfungspunkt für den Ganzjahresausgleich des Jahres 2021 gewählt werden.“ Schon 2019 sei ein Viertel der Krankenhausbetten nicht belegt gewesen. Und in der Pandemie habe sich diese Auslastung noch einmal reduziert.
„Sowohl versorgungspolitisch als auch finanziell ist es nicht haltbar, auf Basis der Vorpandemiesituation eine Krankenhausfinanzierung zu zementieren“, betonte Stoff-Ahnis. „Wir brauchen angepasste Strukturen für die Nachfrage der Bevölkerung nach der Pandemie.“
DKG kritisiert Schlussfolgerung zur Erlössituation
Aus Sicht der DKG ist die Bezeichnung „goldenes Jahr“ im Hinblick auf die Erlössituation der Krankenhäuser im Jahr 2020 nicht zutreffend. „Ein reiner Vergleich mit den Vorjahreszahlen verschweigt die Preissteigerungen und die Lohnentwicklung“, erklärte die DKG.
„Preisbereinigt wird die GKV in der größten Gesundheitskrise der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg weniger für die stationäre Versorgung ausgegeben haben als im Vorjahr. In die Gesamterlössumme müsste der GKV-Spitzenverband zudem auch für 2019 ambulante Erlöse und Wahlleistungseinahmen einrechnen. Die Mehrausgaben für beispielsweise Schutzausrüstungen mindern ebenfalls die Erlössituation gravierend.“
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