Krankenhausfinanzierung: Zweifel an Geldverknappung

Berlin – „Wir haben die Krankenhäuser mit knappem Geld dazu gebracht, an der Mengenschraube zu drehen – und haben es vielleicht übertrieben.“ Das hat der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem in der 3sat-Sendung „scobel“ betont. Er hielte es zwar generell für richtig, Anreize im Gesundheitssystem zu setzen. Aber wenn diese zu stark wirkten, schafften sie Probleme, erklärte er.
Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), stimmte dem zu. „Ökonomisierung führt zu Ressourcenverschwendung“, erklärte die Gynäkologin. Unnötige Untersuchungen und Operationen seien traurige Praxis. In der TV-Sendung sprach sie sich für einen belegten Patientennutzen als Leitkriterium aus. Sie betonte zudem, dass der Arztberuf kein Gewerbe sei. Ärzte müssten frei sein, sich auch gegen die Forderungen eines kaufmännischen Direktors für das Wohl des Patienten zu entscheiden.
Zu wenig Zeit für Patientengespräche
Der Medizinethiker Giovanni Maio erklärte in der Debatte, aufgrund der Fallpauschalen hätten Ärzte im Krankenhaus weniger Zeit für das Patientengespräch. Das wäre Sparen an der falschen Stelle. Die prosoziale Grundeinstellung der Medizinstudierenden werde in den Krankenhäusern unterdrückt, die Ärzte sollten und wollten sich individuell und universalistisch um Patienten kümmern, sagte er. Wasem warf ihm daraufhin eine sozialromantisch verzerrte Darstellung der Realität vor.
Klakow-Franck mahnte bei allen Problemen mit den Fallpauschalen an, das System nicht gänzlich zu verteufeln. Sie wünsche sich keinesfalls die tagesgleichen Pflegesätze pro belegtem Bett zurück. Dadurch seien Patienten sehr viel länger behandelt worden als nötig, sagte sie. Man habe das „Zeitalter der Technikgläubigkeit“, in dem sich auch kleine Krankenhäuser teure medizinische Apparate geleistet hätten und diese über Pflegesätze finanzierten, überwunden.
Während Maio für eine wohnortnahe Krankenhausversorgung eintrat, argumentierten Wasem und Klakow-Franck, dass Zentralisierung in Maßen notwendig sei, um die Versorgungsqualität zu erhöhen. Dies könne sowohl aus Qualitätsgründen sinnvoll sein, um mehr Spezialisierung zu erzielen, so Wasem, als auch aufgrund der aktuellen Trends bei Arztzahlen und Beschäftigungsverhältnissen.
Wasem: Bürgerversicherung kommt nicht
In der Debatte rund um standardisiert hochwertige Patientenversorgung kam schließlich auch die Bürgerversorgung zur Sprache. Wasem prognostizierte: „Ich persönlich glaube nicht, dass wir nach der nächsten Bundestagswahl, egal wie sie ausgeht, eine Bürgerversicherung bekommen.“
Zwar würde niemand heutzutage „auf der grünen Wiese“ ein duales System der Krankenversicherung so planen, wie es in Deutschland Realität sei. Bestehende Strukturen zu ändern sei jedoch ein so kompliziertes Unterfangen, dass es sich – wenn überhaupt – nur um einen jahrzehntelangen Prozess handeln könne. Nicht zuletzt seien viele Ärzte von den Einnahmen durch Privatversicherte wirtschaftlich abhängig. Ihre wirtschaftliche Existenz dürfe nicht gefährdet werden.
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