Krankenkasse muss Kosten für Behandlung in USA bezahlen

Bremen – Krankenkassen müssen unter Umständen auch sehr hohe Kosten für eine Behandlung im Ausland bezahlen. Das entschied das Sozialgericht Bremen zugunsten eines lebensbedrohlich kranken Jugendlichen in einem heute veröffentlichten Urteil, bei dem es um eine 300.000 Euro teure Behandlung in den USA ging. Erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland habe es nicht mehr gegeben, hieß es von dem Gericht (Az.: S 8 KR 263/17).
Der Jugendliche wurde mit einem schweren Herzfehler geboren und litt als Folge auch an einer seltenen Erkrankung, einer Bronchitis fibroplastica. Diese ist mit lebensbedrohlichen Erstickungsanfällen durch sich laufend neubildende Eiweißklumpen verbunden. Nach Studien stirbt die Hälfte aller Erkrankten innerhalb von fünf Jahren – oder sie benötigen innerhalb dieser Zeit eine Herztransplantation.
2016 stellte ein Arzt aus Philadelphia in den USA in einer medizinischen Fachzeitschrift eine neue Behandlungsmethode vor. Durch den Verschluss bestimmter Lymphgänge könne die Bildung der Eiweißklumpen verhindert werden. 18 Patienten habe er dadurch heilen können.
Als die Eltern des Jugendlichen davon erfuhren, beantragten sie die Kostenübernahme für eine Behandlung in den USA. Alle deutschen Kliniken und Ärzte des Jungen befürworteten dies, ebenso der Medizinische Dienst der Krankenversicherung. Alle anderen Möglichkeiten seien ausgeschöpft und die neue Methode daher die einzige Chance.
Dennoch wollte die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen. Die Methode sei nicht anerkannt. Zudem gebe die US-Klinik keine Begründung für die hohen Kosten von rund 300.000 Euro.
Mit seiner Klage hatte der Junge 2017 bereits im Eilverfahren Erfolg. Er ließ sich daraufhin bereits in den USA behandeln und hat nach eigenen Angaben seitdem keine Erstickungsanfälle mehr.
Nun gab das Sozialgericht dem Jugendlichen auch im Hauptverfahren recht. Danach muss die Krankenkasse die zunächst nur vorgestreckten Kosten endgültig tragen. Zur Begründung erklärten die Bremer Richter, das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung kenne „keine Beschränkung des Behandlungsanspruchs wegen hoher Kosten“.
Auch dass die Behandlung in den USA erfolgte, stehe einer Kostenübernahme nicht entgegen. Denn eine erfolgversprechende Behandlung in Deutschland sei nach Einschätzung aller mit dem Verfahren befassten Ärzte nicht mehr möglich gewesen.
Bereits 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen auch nicht anerkannte Heilmethoden bezahlen müssen, wenn diese „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht“ auf Heilung oder Linderung versprechen.
In dem Bremer Fall will die Krankenkasse das Urteil des Sozialgerichts dennoch nicht anerkennen. Sie legte bereits Rechtsmittel zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ein.
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