Krankenkassen warnen vor Aushöhlung der Methodenbewertung

Berlin – Der GKV-Spitzenverband hat heute vor der geplanten Aushöhlung des Methodenbewertungsverfahrens im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gewarnt. Hintergrund ist die Expertenanhörung des „Gesetzes zur Errichtung eines Deutschen Implantateregisters“ (EDIR) im Ausschuss für Gesundheit am kommenden Montag.
Mit dem Gesetz plant das Bundesgesundheitsministerium (BMG), die Bewertungsverfahren im G-BA deutlich zu beschleunigen, härtere Fristen durchzusetzen, die Bewertungsparameter des G-BA zu verändern sowie nicht mehr nur Rechts-, sondern auch Fachaufsicht für die Beschlüsse des G-BA zu sein.
Künftig könnte somit das BMG bestimmen, ob nach den Beratungen noch Änderungen am Nutzennachweis getroffen werden müssten. Diese Verordnungsermächtigung seitens des BMG kritisierte die GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer. „Wenn das neue Gesetz so kommt, muss der G-BA neue Leistungen schnell, oberflächlich sowie in niedriger Evidenzlage als bisher einführen. Die Sicherheit der Patienten bleibt damit auf der Strecke“, sagte sie heute.
BMG will Rechts- und Fachaufsicht
Kritisch sieht sie auch die geplanten Eingriffsrechte für das BMG in die unabhängige Arbeit des G-BA. Bislang ist das Ministerium eine Rechtsaufsicht und prüft aus juristischer Sicht die Beschlüsse des höchsten Gremiums der Selbstverwaltung. Laut Gesetzesvorlage will das BMG künftig auch die Inhalte der Beschlüsse anfechten können.
Auch will das Ministerium die Beratungsdauer der G-BA-Verfahren deutlich verkürzen – künftig soll statt der durchschnittlichen drei Jahre die Verfahren spätestens nach zwei Jahren abgeschlossen sein. Dabei werde aber das bisher aufwendige Verfahren der mündlichen wie schriftlichen Anhörungen beibehalten.
„Wenn man etwas verändern will, könnte man hier beispielsweise doppelte Anhörungsschleifen oder mündliche wie schriftliche Anhörungsverfahren verkürzen“, schlägt Pfeiffer vor. Sie wehrt sich aber gegen verkürzte Beratungsverfahren in den Gremien des G-BA, da so eine inhaltliche Beratung sowie ein Interessensausgleich zwischen den G-BA-Bänken kaum mehr möglich sei.
Erprobungsstudien zulasten der Kassen
Zusätzlich soll der G-BA laut dem Gesetzesvorschlag künftig dazu verpflichtet werden, bei neuen Methoden Erprobungsstudien durchzuführen. „Die Studien müssen auch dann stattfinden, wenn der G-BA das nicht für sinnvoll hält“, erklärte Pfeiffer. Laut dem TSVG, das seit Mai in Kraft ist, müssen die Hersteller die Kosten für die Erprobung nicht mehr übernehmen, die liegen nun bei den Krankenkassen. „Hier findet Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern statt“, so Pfeiffer.
Sie fordert, dass künftig die Hersteller und Leistungserbringer, die eine neue Methode auf Kassenkosten finanzieren wollen, selbstständig vollständige Dossiers einreichen sollen. Dies könnte analog zum AMNOG-Prozess bei den Arzneimitteln geschehen. Damit müssten Hersteller auch die Studien bezahlen und davor sorgen, dass es geeignete Studiendesigns gibt. Diese Aufgabe liegt bislang auch beim G-BA.
Die Chefin des Dachverbandes der Krankenkassen betont, dass die Kassen zwar auch das Interesse haben, neue Behandlungsverfahren den Versicherten schnell zugänglich zu machen. „Aber es macht keinen Sinn, eine neue Behandlungsmethode schnell einzuführen, wenn das Verhältnis von Nutzen und Risiko unbekannt ist.“
Streit entzündete sich an Liposuktion
Hintergrund der Debatte um die Methodenbewertung sind die Beratungen zur Liposuktion bei Lipödem. Die Methodenberatungen dazu ziehen sich seit Jahren hin, international gibt es aber kaum evidenzbasierte Studien dazu.
Nach einer ersten Empörungswelle zu Beginn des Jahres hat der G-BA nun eine Erprobungsstudie in Auftrag gegeben. Damals war das Vorhaben bereits im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeplant, eine entsprechende Formulierungshilfe wurde aber von den Abgeordneten nicht ins Parlament eingebracht.
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