Krankschreibungen: Deutsche fallen häufiger, dafür aber kürzer aus

Berlin – Beschäftigte in Deutschland melden sich im Vergleich zu den Vorjahren häufiger krank, kehren aber nach kürzerer Zeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Dies hat der Gesundheitsreport 2024 des BKK-Dachverbands ergeben, der jetzt in Berlin vorgestellt wurde.
Danach sanken die Krankschreibungen im Jahr 2023 mit 22,4 Fehltagen pro Beschäftigtem zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht. Der Krankenstand verharrte aber weiterhin auf hohem Niveau. Im Schnitt war demnach jeder BKK-Versicherte 1,95 Mal krankgeschrieben – was jedoch nichts über die Dauer der Fehlzeit aussagt. Im Vorjahr lag der Wert bei 1,84 und 2021 bei 1,18.
Dabei gibt es je nach Berufsgruppe eine große Spannbreite von etwa 16 Tagen bei IT-Dienstleistern bis hin zu rund 32 Tagen bei Reinigungskräften, wie aus dem Gesundheitsreport hervorgeht.
Grund für den hohen Krankenstand 2023 sind dem Report zufolge vor allem überdurchschnittlich viele Krankmeldungen aufgrund von Atemwegsinfekten. Atemwegserkrankungen waren 2023 demnach für mehr als ein Drittel aller AU-Fälle und für rund jeden fünften AU-Tag bei den Beschäftigten verantwortlich.
Zudem melden sich immer mehr Beschäftigte wegen psychischen Krankheiten arbeitsunfähig. Viele Betroffene sind oft erst nach Wochen oder Monaten wieder einsatzfähig. Hinzu kommen Muskel-Skelett-Erkrankungen, Verletzungen und Vergiftungen als häufigste Gründe für eine Krankschreibung. Mit durchschnittlich 11,5 Arbeitsunfähigkeitstagen je Fall wurde hingegen ein neues Zehnjahrestief erreicht.
Der Krankenstand für die Quartale eins bis drei 2024 liegt derzeit noch zwischen den Werten der Jahre 2022 und 2023. Der Vorstandsvorsitzende des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, verwies jedoch darauf, dass das Jahr noch nicht beendet sei und insbesondere im letzten Quartal noch einige Ausfälle durch saisonale Treiber wie Atemwegserkrankungen hinzukommen könnten.
Um die Gesundheit der Bevölkerung zu stärken und den Fehlzeiten auch vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels entgegenzuwirken, sieht Knieps vor allem die Unternehmen in der Verantwortung. „Prävention kann nicht mehr mit der Gießkanne verteilt werden und auch nicht mit der Schrotflinte, wir müssen Prävention neu denken und am konkreten Bedarf der Beschäftigten ausrichten“, sagte er.
Betriebliche Prävention müsse ein fester Bestandteil der Arbeitswelt werden, jeder müsse einen Zugang erhalten, so Knieps. Viele Unternehmen hätten bereits wahrgenommen, dass die Gesunderhaltung ihrer Mitarbeitenden sehr wichtig sei.
Anne Klemm, ebenfalls Vorstandsvorsitzende des BKK-Dachverbands, wies darauf hin, dass über die Betriebe auch jene Gruppen erreicht werden könnten, die sonst nur mühsam erreichbar seien. Dazu zählten etwa sozial schwache Gruppen. „Präventionsangebote werden zudem überwiegend von Frauen wahrgenommen“, sagte sie. Über die betrieblichen Angebote könne man auch Männer erreichen, diese würden die Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung sogar zu 60 Prozent nutzen.
Befragungen unter Beschäftigten haben Knieps zufolge ergeben, dass zumindest in mehr als der Hälfte der Betriebe ein Angebot zur betrieblichen Gesundheitsförderung gemacht werde und rund ein Drittel der Befragten dies mindestens einmal genutzt hätten.
Fest stehe jedoch auch, so Knieps, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Angebot zur betrieblichen Gesundheitsförderung sinke, je weniger Beschäftigte in einem Unternehmen tätig sind. Ziel sei es, auch die kleinen Betriebe für entsprechende Angebote zu sensibilisieren.
„Prävention gehört auf die Tagesordnung der nächsten Bundesregierung“, machte Klemm deutlich. Es sei wichtig, dass Gesundheit in allen Politikfeldern verankert werde und die Akteure zusammenarbeiteten.
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und möglichen Engpässen in der ärztlichen Versorgung müsse darüber hinaus auch die Rolle der Werks- und Betriebsärzte gestärkt und diese in die Versorgungsprozesse eingebunden werden.
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