Krebstherapie: UICC ruft zu mehr Chancengleichheit auf

Genf – Die Vereinigung für internationale Krebsbekämpfung (Union for International Cancer Control, UICC) ruft Regierungen weltweit dazu auf, Versorgungslücken bei der Krebsbekämpfung zu schließen und Ungleichheiten zu überwinden. Ein kürzlich erschienener Bericht enthält neun entsprechende Empfehlungen.
Der Bericht umfasst Erkenntnisse und Perspektiven von Krebsexperten aus Australien, Brasilien, China, Hongkong, Kenia, Libanon, Japan, Jordanien, Indien, Malaysia, Mexiko, Nigeria, Portugal, Südafrika, Schweden, der Türkei und dem Vereinigten Königreich.
Der Bericht setzt sich mit Versorgungsbarrieren und Ungleichheiten beim Behandlungsoutcome auseinander, die aufgrund von Vorurteilen, etwa des sozioökonomischen Status, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, kultureller Normen oder der „race".
„Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status haben im Allgemeinen ein deutlich höheres Risiko, an Krebs zu sterben, als Menschen, die privilegierteren Gruppen angehören“, sagte Ulrika Årehed Kågström, Generalsekretärin der Schwedischen Krebsgesellschaft und designierte Präsidentin der UICC.
Menschen mit höherem Bildungsniveau nähmen sich in der Regel mehr Zeit, um Fragen zu stellen, wenn sie eine Behandlung in Anspruch nähmen, als Menschen mit einem geringeren Bildungsniveau, die eher von vornherein auf die Suche nach Behandlungsmöglichkeiten verzichteten. „Der sozioökonomische Status kann sich auch auf die Wahrscheinlichkeit auswirken, dass ein Krebspatient seine Behandlung zu Ende bringt“, so Kågström.
So beinhalten die Forderungen der UICC zum Beispiel, dass sich Regierungen mit den systemischen sozialen Determinanten von Gesundheit, die den Zugang des Einzelnen zur Krebsbehandlung behindern, auseinandersetzen sollten. Den Empfehlungen zufolge müsse die Versorgung zudem besser auf Patientinnen und Patienten zugeschnitten werden, deren Bedürfnisse anerkennen und sie an Behandlungsentscheidungen teilhaben lassen.
Auch fordert die UICC eine stärkere Regulierung der Herstellung, des Verkaufs und der Vermarktung krebserregender Produkte wie Tabak, Alkohol und starkverarbeiteter Lebensmittel durch Steuern, Vermarktungsbeschränkungen, verbesserte Produktkennzeichnungen und öffentliche Aufklärungskampagnen. „30-50 Prozent der Krebserkrankungen sind durch beeinflussbares Risikoverhalten vermeidbar“, heißt es in den Empfehlungen.
Die Einrichtung eines bevölkerungsbezogenen Krebsregisters gehört ebenfalls zu den Forderungen. Zusätzlich sollen ein Screening für häufige Krebsarten, die Integration dieser Programme in bestehende Gesundheitsprogramme, Telemedizin und mobile Einheiten zum Einsatz kommen, um auch entlegene Bevölkerungsgruppen zu erreichen.
Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), sieht wichtige Ansätze im UICC-Maßnahmenpaket und erklärt, dass in Deutschland bereits viele Maßnahmen umgesetzt seien: „In Deutschland kann man bereits sehen, dass viele der Maßnahmen zu einer besseren medizinischen Versorgung führen“, sagte Bruns dem Deutschen Ärzteblatt.
So seien etwa aus dem nationalen Krebsplan von 2008 klinische Krebsregister und die regelhafte Finanzierung von Krebsberatungsstellen für Betroffene hervorgegangen. „Auch die Krebsfrüherkennung ist in Deutschland seit vielen Jahren etabliert und wird immer weiterentwickelt.“
Die DKG begrüße daher die zur Zeit in Deutschland stattfindenden Beratungen zur Einführung eines Lungenkrebsscreenings für aktuell und ehemals starke Raucherinnen und Raucher mittels Niedrigdosiscomputertomografie. In den vergangenen Jahren habe es viele wichtige Errungenschaften in der Krebsbehandlung gegeben, dazu zählen Bruns zufolge insbesondere die personalisierten Therapien .
„Wir haben gelernt, dass Menschen mit der gleichen Diagnose unterschiedlich auf Therapien ansprechen.“ Auf Grundlage der genomischen Diagnostik könnten heutzutage viele Krebspatientinnen und -patienten zielgenauer behandelt werden. Es sei allerdings besonders wichtig, bei allen Neuerungen Studiendaten zu sammeln und so die Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
Seit 2000 organisiert die UICC den Weltkrebstag am 4. Februar. 2024 ist das letzte Jahr der Kampagne „Versorgungslücken schließen“, die auf Ungleichheiten aufmerksam machen soll, die weltweit bei der Verfügbarkeit und dem Zugang zu grundlegenden Leistungen auf dem Gebiet der Krebsvorsorge und -behandlung bestehen.
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