Krise in Venezuela treibt Menschen in die Flucht

Caracas – Die wirtschaftliche und politische Krise in Venezuela zwingt immer mehr Menschen zur Flucht über die Grenzen. Nach Angaben de Malteser sind bereits mehr als eine Million Menschen nach Kolumbien geflohen. Dort versorge die Hilfsorganisation die durch die Flucht geschwächten Menschen, wie diese jetzt mitteilte.
„Die Situation wird täglich schwieriger. Wir sehen, dass viele Menschen auf der Straße leben, unter Brücken hausen und durch diese Lebenssituation sehr krank werden“, sagte Ravi Tripptrap, Leiter von Malteser International Amerika. Viele seien überanstrengt und benötigten dringend gesundheitliche Versorgung, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit. „Vor allem Ältere, Schwangere und Kinder benötigen medizinische Hilfe“, so Tripptrap. Die Malteser kündigten angesichts Tausender Geflüchteter, die jeden Tag nach Kolumbien kommen, an, ihre Hilfe auszuweiten. Die örtlichen Gesundheitseinrichtungen seien bereits überlastet, hieß es.
Tripptrap sprach von einer „großen humanitären Krise“. Drei Millionen Menschen seien bereits auf der Flucht, weil es in Venezuela nicht mehr genug zu essen gebe, die Regale in den Supermärkten leer seien und das wirtschaftliche System quasi zusammengebrochen sei. „So lange die Situation in Venezuela so desolat ist, werden noch mehr Menschen das Land verlassen und die Lage wird sich weiter zuspitzen“, ist Tripptrap überzeugt.
Machtkampf geht weiter
Unterdessen spitzt sich der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition in Venezuela weiter zu. Präsident Nicolás Maduro und der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó werben derzeit um die Unterstützung der Streitkräfte.
Die Opposition führt nach Aussagen Guaidós hinter den Kulissen bereits Gespräche mit Militärs und zivilen Regierungsvertretern über einen Machtwechsel in dem südamerikanischen Land. „Das ist eine sehr heikle Angelegenheit, bei der es auch um die persönliche Sicherheit geht. Wir treffen sie, aber diskret“, sagte Guaidó in einem Interview der Washington Post.
Maduro besuchte gestern eine Armeeeinheit in der Festung Paramacay. Bei einer Übung lief der Staatschef im Laufschritt an der Seite von Verteidigungsminister Vladimir Padrino durch die Kaserne. Er fuhr ein Militärboot und zeigte sich auf einer Marinebasis Arm in Arm mit Soldaten. „Immer loyal, niemals Verräter“, riefen die Soldaten.
Guaidó war Anfang Januar zum Präsidenten des von der Opposition dominierten, von dem autoritär herrschenden Sozialisten Maduro aber entmachteten Parlaments gewählt worden. Nach der international umstrittenen Vereidigung Maduros für eine zweite Amtszeit am 10. Januar erklärte Guaidó sich seinerseits am 23. Januar zum Übergangspräsidenten Venezuelas.
Die USA und etliche lateinamerikanische Länder erkannten ihn bereits an. Am Sonntag zog auch Australien nach. Russland, China, der Iran, die Türkei sowie Kuba, Bolivien und Nicaragua hingegen halten weiter zu Maduro.
Die Kontrolle über die Streitkräfte gilt als der Schlüssel zur Macht in Venezuela. Die Führungsriege des Militärs hält bislang zu Maduro, doch in den unteren Rängen herrscht offenbar zunehmend Unzufriedenheit. Zuletzt kam es mehrfach zu kleineren Aufständen von Soldaten. Am Wochenende kündigte der Militärattaché der venezolanischen Botschaft in Washington Maduro die Gefolgschaft auf und schloss sich Guaidó an.
Guaidó veröffentlichte auf Twitter das vom Parlament verabschiedete Amnestiegesetz, das Militärs Straffreiheit zusichert, wenn sie sich an der Wiederherstellung der demokratischen Ordnung beteiligen. „Verteilt es an die Militärs in eurer Familie, unter euren Freunden und Nachbarn“, schrieb er dazu.
Hunger und Elend bekämpfen
Der Washington Post sagte Guaidó, die Opposition wolle Maduro jetzt herausfordern, indem sie Nahrungsmittelhilfe ins Land bringe. Dafür hatten die USA und andere Länder Geld bereitgestellt. Maduro hatte solche Hilfslieferungen in der Vergangenheit meistens blockiert und behauptet, Berichte über Hunger und Elend in Venezuela seien von seinen Feinden frei erfunden.
Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, warnte indessen vor Gewalt gegen die venezolanische Opposition und US-Diplomaten. Guaidó kündigte neue Proteste für Mittwoch und Samstag an. Übermorgen sollten die Menschen im ganzen Land gegen die Regierung von Maduro auf die Straße gehen, sagte er. „Unsere Forderungen sind: Die Streitkräfte sollen sich auf die Seite des Volkes stellen und die humanitäre Hilfe durchlassen, die wir bereits in der ganzen Welt beantragt haben“, sagte Guaidó.
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