Ärzteschaft

Kritik am neuen Hausarzt-EBM hält an

  • Dienstag, 17. September 2013

Köln – Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein hat am vergangenen Freitag den neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für Hausärzte abgelehnt und gefordert, dass dieser überarbeitet wird. Auch der Vorstand sehe die geplanten Änderungen kritisch, heißt es aus der KV.

Simulationsberechnungen zufolge kommt es durch den neuen EBM bei den Haus­ärztinnen und Hausärzten in Nordrhein nur zu geringen Umverteilungseffekten. Es werde einige Gewinner und einige Verlierer geben, bei vielen Ärztinnen und Ärzten ändere sich nichts.

Allerdings seien viele VV-Mitglieder frustriert darüber, dass nicht mehr Geld ins System komme, sagte eine Sprecherin der KV. Zumal die KVen in Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich bei der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung nach wie vor am Ende der Tabelle lägen.

Im Bewertungsausschuss hatten KBV und Krankenkassen allerdings im vergangenen Jahr festgelegt, die EBM-Änderungen ausgabenneutral zu gestalten. Mehr Geld sollte es nur für bestimmte förderungswürdige Leistungen wie die hausärztliche palliativ­medizinische und geriatrische Versorgung geben, und zwar  125 Millionen Euro jährlich.

Mitglieder der VV in Nordrhein kritisierten zudem, dass die Abrechnung bürokratischer werde. Die VV habe mit ihrer Ablehnung des Hausarzt-EBM die Diskussion über Verbesserungen anregen wollen und hoffe, dass die KBV die Kritik in weiteren Verhandlungen mit den Krankenkassen aufgreife. Auch die KVen Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und  Baden-Württemberg haben sich kritisch geäußert.

Die EBM-Reform stoppen will die Freie Ärzteschaft. Deren stellvertretende Vorsitzende, Silke Lüder, erklärte gestern in Essen, der neue EBM sei auch nicht einfacher, verständ­licher oder leistungsgerechter als der alte. Aus Protest gegen das „Bürokratiemonster“ plane der Verband eine bundesweite Faxaktion der Arztpraxen an die KBV. Die Politik forderte die Freie Ärzteschaft auf, für angemessene und feste Preise für ärztliche Leistungen zu sorgen und die Kostenerstattung zu fördern.

Hausärzteverband: EBM-Theater ist eine Katastrophe
„Für die Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland ist das EBM-Theater eine Katastrophe“, erklärte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt. Die Ärzte wüssten nicht, nach welchem System sie in zwei Wochen abrechnen sollten. Zudem seien die durch den neuen EBM zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen für die Hausarztpraxen nach wie vor kaum bezifferbar. Weigeldt befürchtet ein „gigantisches Umverteilungsszenario“.

Mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen über den neuen EBM hat der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, vor einem innerärztlichen Zersetzungsprozess gewarnt. Die öffentlich geführte Auseinandersetzung über Sinn oder Unsinn des neuen Hausarzt-EBM sei keine gute Visitenkarte für die ärztliche Selbstverwaltung. Weil weder zwischen den KVen noch unter den Hausärzten Einigkeit bestehe, appellierte er an alle Beteiligten, „sich an einen Tisch zu setzen“ und konstruktiv nach Einigungsmöglichkeiten zu suchen.

KBV und GKV-Spitzenverband hatten sich am 27. Juni im Bewertungsausschuss auf den neuen Hausarzt-EBM verständigt, der am 1. Oktober in Kraft treten soll. Ziel ist es, die sogenannten Grundversorger zu stärken. Künftig wird die Versichertenpauschale stärker nach dem Alter der Patienten gewichtet. Das hausärztliche Gespräch wird aus der Pauschale herausgelöst und wieder als Einzelleistung vergütet. Außerdem wird es eine neue Pauschale für das Vorhalten von hausärztlichen Strukturen, Neuregelungen beim Chronikerzuschlag und neue Leistungen für die palliativmedizinische und geriatrische Versorgung geben.

Am kommenden Freitag diskutiert die KBV-Vertreterversammlung in geschlossener Sitzung über die Weiterentwicklung des Hausarzt-EBM. Änderungen können allerdings nur gemeinsam mit den Krankenkassen beschlossen werden.

HK

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