Ärzteschaft

Kritik an AOK-Forderung nach Rücknahme der Entbudgetierung

  • Freitag, 10. Januar 2025
/NINENII, stock.adobe.com
/NINENII, stock.adobe.com

Berlin – Die Forderung des AOK-Bundesverbandes, die Entbudgetierung bei den Kinder- und Jugendmedizinern zurückzunehmen, wird von ärztlichen Verbänden scharf kritisiert.

„Einmal mehr zeigt sich: Die Krankenkassen wollen den ungerechten Weg der Budgetierung fortsetzen und zeigen damit ihr wahres Gesicht“, kommentierten die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner, den Vorstoß.

Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen seien „vermutlich die einzige Berufsgruppe, deren Leistungen nicht in voller Höhe bezahlt werden“. Das sei in der Vergangenheit bereits ein unhaltbarer Zustand gewesen und bleibe es auch heute noch.

Es seien, so betont die KBV, nicht die Praxen, die für Ausgaben- und damit Beitragssteigerungen der Kassen ver­antwortlich seien. Vielmehr sei es der Staat selbst, der jährlich viele Milliarden Euro Beitragsgelder für versiche­rungsfremde Leistungen ausgebe.

„Die Kassenfunktionäre sollten sich endlich ehrlich machen: Wenn sie nicht bereit sind, alle ärztlichen Leistun­gen in Gänze zu bezahlen, sollten sie im selben Atemzug mit angeben, welche GKV-Leistungen dafür wegfallen sollen“, hieß es von den KBV-Vorständen.

Der AOK-Bundesverband hatte jüngst ein Positionspapier zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl 2025 präsentiert. Darin heißt es unter anderem, um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) langfristig zu sichern, seien unbedingt Maßnahmen zur Kostenkontrolle notwendig.

„Maßnahmen ohne erkennbaren Nutzen in der Versorgung“ müssten deshalb aus Sicht der AOK gestrichen werden. Der Verband verweist dabei neben der Entbudgetie­rung bei den Kinder- und Jugendmedizinern auch auf finanzielle Anreize zur Terminvermittlung bei Haus- und Fachärzten und die extrabudgetäre Vergütung der offenen Sprechstunde.

Auch beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte (BVKJ) stößt diese Forderung auf Unver­ständnis. „Eine solche Forderung zeigt deutlich, dass die Krankenkassen offenbar immer noch nicht begriffen haben, was es für Kinder- und Jugendarztpraxen all die Jahre bedeutet hat, als der hohe tatsächliche Arbeits­aufwand nur teilweise finanziell vergütet wurde“, sagte Michael Hubmann, Präsident des BVKJ.

Es wirke, als hätte die AOK die langfristigen Interessen ihrer Versicherten nicht im Blick, warnte Hubmann. Eine Ausweitung unbezahlter Mehrarbeit für Ärzte und Praxisteams sei schlechterdings nicht zumutbar: Vor dem Hin­tergrund des bevorstehenden Generationenwechsels in den Praxen stehe die ambulante pädiatrische Versorgung in den kommenden Jahren ohnehin vor einer ernsthaften Bedrohung.

„Wir sind es einfach leid, dass wir permanent vor Ort mit Versorgungslücken zu kämpfen haben, und uns nur Knüppel zwischen die Beine geworfen werden“, machte Karsten Braun, Vorstandsvorsitzender der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), deutlich. Für die Versorgung sei es hinderlich, wenn nicht alle ärztlichen Leistungen vergütet werden.

Brauns Vorstandskollegin Doris Reinhardt verwies darauf, dass in Baden-Württemberg derzeit etwa 1.000 Haus­arztsitze nicht besetzen werden können. „Wir können doch nicht für die Niederlassung werben und dann gleich­zeitig deutlich machen, dass aber nicht alle Leistungen bezahlt werden.“

Sie sieht es als kritisch an, wenn man der Bevölkerung nicht endlich ein gewisses Maß an Ehrlichkeit gegenüber­bringe. Denn durch solche Äußerungen werde der Eindruck erweckt, als gäbe es keinerlei Einschränkungen und gleichzeitig würden die erforderlichen Ressourcen verweigert. Das passe nicht zusammen.

EB/aha

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung