Vermischtes

Kritik an Herstellern wegen Pestizidstudien

  • Freitag, 2. Juni 2023
/oticki, stockadobecom
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Stockholm – Bei der Zulassung von Pestiziden haben Konzerne den europäischen Behörden einer Studie zufolge Untersuchungsergebnisse vorenthalten. Das berichten zwei Forschende der Universität Stockholm im Fachblatt Environmental Health (2023, DOI: 10.1186/s12940-023-00994-9). Dabei geht es um Studien dazu, ob Wirkstoffe das sich entwickelnde Nervensystem schädigen können (DNT; Developmental Neurotoxicity).

Axel Mie und Christina Rudén war demnach zunächst aufgefallen, dass eine Studie von 2001 zu neurotox­ischen Effekten des Wirkstoffs Glyphosat-Trimesium nie bei den EU-Zulassungsbehörden eingereicht worden war.

Daraufhin glichen sie generell für Pestizidwirkstoffe ab, welche DNT-Studien Hersteller bei der US-Umwelt­behördeEnvironmental Protection Agency (EPA) eingereicht hatten und welche bei europäischen Zulassungs­behörden.

Resultat: Neun von 35 bei der EPA eingereichten Studien wurden in der EU nicht vorgelegt – das entspricht 26 Prozent. Bei sieben davon, so heißt es weiter, hätten die Ergebnisse Einfluss auf den Zulassungsprozess haben können. Warum die Untersuchungen nicht eingereicht wurden, sei letztlich unklar.

„Wir wissen nicht, was sich die Hersteller in diesen Fällen gedacht haben, aber wir wissen, dass ein Pestizid, das bekanntermaßen Hirn­schäden verursachen kann, möglicherweise nicht auf dem EU-Markt erlaubt wird“, wird Mie in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

Generell scheine es sich nicht um eine Ausnahme zu handeln, sondern um ein wiederkehrendes Phänomen – obwohl die Unternehmen verpflichtet seien, wichtige Daten vorzulegen.

„Angenommen, eine Nichtoffen­legung geht auf die Absicht zurück, das Einreichen von Daten zu vermeiden, die eine Zulassung unwahr­schei­n­licher machen würden, dann ist vorstellbar, dass eine Studie, die auf eine bedeutende Gefahr hin­weist, einem erhöhten Risiko der Nichtoffenlegung unterliegen würde“, schreibt das Duo.

Dieses Risiko müsse zum Schutz der europäischen Verbraucher minimiert werden, heißt es weiter. Dazu gelte es zu gewährleisten, dass sämtliche Studien in Laboren mit hohen Standards vorgenommen werden. Um In­ter­essenkonflikte zu vermeiden, sollten diese von den Behörden beauftragt werden, nicht von den Unter­neh­men. Und letztlich sollten die EU-Behörden prüfen, ob ihnen tatsächlich alle verfügbaren Studien vorlägen.

„Wir haben zu jeder Zeit die nötigen Studien eingereicht, die nach den damaligen Regularien gefordert waren“, schreibt der namentlich genannte Konzern Bayer auf Anfrage. „Da sich die Regulierungsprozesse über die Jah­re entwickeln, können heute bei ähnlichen Wiederzulassungen Studien gefordert werden, die beispielsweise vor 15 Jahren noch nicht gefordert waren. Bei allen drei Wirkstoffen gilt: Die von Ihnen angesprochenen Stu­dien hätten die Risikobewertung der Behörden nicht verändert.“

Auch das genannte Chemieunternehmen Syngenta aus Basel weist die Vorwürfe in einer Stellungnahme zu­rück. DNT-Studien seien nur für Anträge in den USA erstellt worden. In der EU würden andere Studien ver­langt. „Es gibt keine unvorgelegten DNT-Studien von Syngenta in der EU oder der Schweiz“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. „Auf spätere Anfragen der EU wurden alle Studien von Syngenta vorge­legt.“

dpa

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