Politik

Kritik an „Parallelwelten“ in der neuen ASV-Versorgung

  • Freitag, 23. Januar 2015

Berlin – Patienten mit gynäkologischen Tumoren oder einem Marfan-Syndrom können künftig im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) behandelt werden. Entsprechende Beschlüsse hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gestern in Berlin gefasst. „Wir definieren sektorenübergreifend gleiche Rahmenbe­dingungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte in diesem Leistungsbereich“, sagte Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des zustän­digen Unterausschusses. „Ich hoffe sehr, dass die niedergelassenen Spezialisten und die Krankenhäuser von den im Rahmen der ASV eröffneten Möglichkeiten zu mehr Kooperation und Vernetzung Gebrauch machen werden.“

„Die ASV ergänzt auf sinnvolle Art und Weise die klassischen Sektoren ambulant und stationär“, betonte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die aktuell geltenden Regelungen seien jedoch so, dass eine patientenorientierte und kooperative Durchführung schwierig zu gestalten sei. Der Gesetz­geber müsse für klare und praktikable Vorgaben sorgen, forderte Gassen. Eine Parallelwelt mit Bestandsschutz für Verträge nach dem alten Paragrafen 116b wirke hier zusätzlich hemmend.

Gassen: Krankenhäuser können bei altem 116 b bleiben
Damit wies Gassen auf ein Problem hin, dass auch der G-BA sieht. Nach dem Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes müssen Krankenhäuser keine Zulassung nach den neuen Regeln zur ASV beantragen, wenn sie gemäß dem alten Paragrafen 116b zuge­lassen sind. „Damit müssen sie auch nicht die gleichen Qualitätsanforderungen erfüllen wie die niedergelassenen Ärzte“, kritisierte Gassen. Gerade diese Unterschiede solle es aber eigentlich in der ASV nicht mehr geben.

Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, hatte denn auch gemahnt, der Bestandsschutz für die alten Zulassungen werde zu „zwei völlig unterschiedlichen Strukturen“ führen und zu „regionalen Unwuchten“. „Das bisherige Angebot an ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung nach dem alten § 116b SGB V ist auf wenige Bundesländer konzentriert und auch innerhalb dieser sehr ungleich verteilt“, ergänzte Klakow-Franck. Hecken tritt dafür ein, für die alte 116b-Regelung eine Befristung vorzusehen.

Baum: Zugang zur ambulanten Versorgung in Kliniken wird begrenzt
Doch auch Vertreter des stationären Bereichs sehen Ungleichgewichte bei den Regelungen zur ASV. Die neuen Vorgaben im Bereich der gynäkologischen Tumore verböten gesetzlich krankenversicherten Frauen den Zugang zu Behandlungen in spezialisierten Krankenhausambulanzen, wenn der Krebs nicht schwer genug sei, monierte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). „Dies ist absolut unver­ständlich“, kritisierte ihr Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Hintergrund dieser Vorgabe ist die Umsetzung einer Gesetzesänderung aus der vergangenen Legislaturperiode. Danach ist die ASV derzeit Patienten vorbehalten, die unter seltenen Erkrankungen oder unter besonders schweren Formen bestimmter verbreiteter Erkrankungen leiden. Krebspatienten, die ambulant in Krankenhäusern therapiert wurden, dürften nach dem neuen Konzept nicht mehr zur ambulanten Nachsorge in die Kliniken kommen, monierte die DKG. Auch könnten von den Kliniken während der ambulanten Krebsbehandlung auftretende Begleiterkrankungen nur noch in begrenztem Umfang mitversorgt werden.

Sowohl Hecken wie Klakow-Franck wiesen darauf hin, dass der G-BA an die ASV-Vor­gaben des Gesetzgebers gebunden sei. Klakow-Franck erläuterte, dass man wegen der verpflichtenden Konzentration auf schwere Verläufe die Mindestmen­genvorgaben bei gynäkologischen Tumoren gesenkt habe. Statt 330 müssen zukünftig nur noch 250 Behandlungen nachgewiesen werden, davon mindestens 200 im Bereich der Mammakarzinome.

Rie/EB

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