Kritik von Ärzten an krankenhauszentrierter Versorgung, Lob für Personalbemessung

Berlin – Die Ampelfraktionen hatten gestern rund 50 Änderungsanträge zur Krankenhausreform eingebracht. In der Ärzteschaft stießen die vorgesehenen Änderungen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) heute in weiten Teilen auf Ablehnung.
Eine neue Änderung ist, dass einige Krankenhäuser künftig auch an der fachärztlichen ambulanten Versorgung teilnehmen können, das soll unterversorgte Regionen betreffen. Hintergrund sei, dass Krankenhäuser aushelfen müssten, wenn die fachärztliche Versorgung in unterversorgten Regionen nicht gewährleistet werden könne, wie es hieß.
Das führt bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu Kopfschütteln. „Karl Lauterbach will eine krankenhauszentrierte Versorgung schaffen – koste es, was es wolle“, monierten die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.
Statt die ambulante Versorgung zu stärken, werde diese weiter ausgehöhlt. Möglicherweise, um die bisher in den Praxen tätigen Kollegen zu einer Tätigkeit als Angestellte in einer Krankenhausstruktur zu bringen, spekulierten sie. Denn insbesondere in kleinen Häusern fehlten gerade in großer Zahl Fachärzte.
Für die KBV machen die Pläne den Eindruck, dass insbesondere mit den Beitragsgeldern der gesetzlich Versicherten „dauerhaft milliardenschwere Krankenhaussubventionen“ gestemmt und die wohnortnahe Versorgung durch Praxen abgewickelt werden sollten. „Wir appellieren an die Bundesländer, diesen teuren und von einer zentralistischen Ideologie geprägten Irrweg nicht mitzugehen.“
„Diese Regelung ist ein noch weitergehender Angriff auf die ambulante vertragsärztliche Versorgung als es die bisher schon vorgesehene Regelung zur Ermächtigung von Krankenhäusern für hausärztliche Leistungen war“, sagte Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN).
Öffentlich finanzierte Krankenhäuser sollten in direkte Konkurrenz zu privat finanzierten Arztpraxen treten. Die Vergütung der fachärztlich ermächtigten Krankenhausärzte solle aus dem Topf der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erfolgen.
Angesichts des Umstands, dass für die gleichen Leistungen, die von niedergelassenen Fachärzten erbracht werden, weiterhin eine Budgetierung vorgesehen sei, sei das „nicht hinnehmbar“. „Rational ist dies nicht mehr zu erklären“, so Barjenbruch.
Der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa) warnt vor weiterer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung. „Die bereits heute bestehende Unterfinanzierung der ambulanten fachärztlichen Versorgung wird sich so in Zukunft weiter verschärfen“, sagte der Spifa-Vorsitzende Dirk Heinrich.
Die ermächtigten Einrichtungen hätten keinerlei Anreize, die ambulante Versorgung spürbar zu unterstützen. Darüber hinaus sieht der Spifa vor dem Hintergrund fehlender Regelungen zur Festlegung und Sicherung des mit der Einrichtungsermächtigung verbunden Versorgungsauftrages hohes Missbrauchspotenzial.
„Wer die Hoffnung hatte, es gibt Unterstützung bei der bedarfsgerechten Patientenversorgung in unterversorgten Gebieten, der muss jetzt erkennen: Das wird ein Verschiebebahnhof von ambulanten Krankenhauspatienten in die stationäre Krankenhausversorgung und zurück in die ambulante Krankenhausversorgung“, so der Spifa-Vorsitzende. Das alles führe nur zur Entlastung von Krankenhausbudgets zulasten der Vertragsärzte.
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, zeigte sich vor allem über die Aufnahme der ärztlichen Personalbemessung in die Reform erfreut. „Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, denn die Personalausstattung ist der Dreh- und Angelpunkt für eine qualitativ hochwertige und verlässliche Patientenversorgung“, sagte er.
Die Bundesärztekammer hatte mit der Entwicklung ihres ärztlichen Personalbemessungssystems (ÄPS-BÄK) die notwendigen Voraussetzungen für eine gesetzliche Verankerung geschaffen.
Positiv bewertet die BÄK auch den Prüfauftrag für eine Berücksichtigung der ärztlichen Weiterbildung bei der Krankenhausvergütung. Damit die dabei geplante Orientierung an der Qualität der Weiterbildung tatsächlich gelinge, sei die Bundesärztekammer in die Entwicklung der notwendigen Konzepte eng einzubinden, so Reinhardt.
Er monierte aber auch, dass wichtige Einwände der Selbstverwaltung und der Bundesländer noch gar nicht aufgegriffen worden seien. Reinhardt rät: „Alle Beteiligten sollten daher die nächste Zeit zu intensiven Gesprächen nutzen, damit nach einem geordneten parlamentarischen Verfahren am Ende eine konsensfähige und umsetzbare Reform steht.“
Dabei müssen der BÄK zufolge auch die Auswirkungen der Krankenhausreform auf die ambulante Versorgung sorgfältig in den Blick genommen werden. „Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf die weiteren Absichten zur ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser“, so Reinhardt.
Sektorenverbindende Versorgung könne nur gelingen, wenn für niedergelassene Ärzte sowie Krankenhäuser faire Bedingungen gelten würden und die Versorgung im gegenseitigen Einvernehmen gemeinsam gestaltet werde.
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