Kritische Operationen während der SARS-CoV-2-Pandemie zurückgegangen

Köln – Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie im März 2020 mussten zahlreiche Operationen (OP) abgesagt oder verschoben werden. Als Steuerungsinstrumente für diese Situation haben die Krankenhäuser die Parameter Dringlichkeit und regionale Infektionsinzidenz verwendet.
Einen Sonderfall bilden die OPs bei Patienten, die postoperativ eine intensivmedizinische Behandlung benötigen. Denn dabei handelt es sich einerseits um Fälle der Kategorie Dringlichkeit, andererseits besteht bei ihnen eine Konkurrenz zu den COVID-19-Fällen, die intensivmedizinisch betreut werden müssen.
Vor dem Hintergrund dieses Dilemmas sind Olga Karaca, Digmed, Hamburg, und Co-Autoren der Frage nachgegangen, inwiefern die regionale Auslastung der Intensivstationen die Entwicklung der Fallzahlen von operativen Eingriffen beeinflusst, bei denen in der Regel eine postoperative intensivmedizinische Behandlung notwendig wird (Deutsches Ärzteblatt, 2022; DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0225).
Ihre Fallzahlanalyse basiert auf den OP-Prozessdaten von Krankenhäusern, die am Benchmarkingprogramm der folgenden Fachgesellschaften teilnehmen: Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Berufsverband Deutscher Chirurgen und Verband für OP-Management.
Das Autorenteam analysierte die Fallzahlentwicklung je Monat und Haus in der 2. und 3. Welle (1.9.2020 bis 31.8.2021) der SARS-CoV-2-Pandemie. Zum Vergleich zogen Karaca und Co-Autoren auf Hausebene die gemittelten Fallzahlen der entsprechenden Monate aus den Jahren 2017–2019 heran.
Die Krankenhäuser wurden eingeteilt in Häuser mit höherer COVID-19-Belastung und Häuser mit niedrigerer COVID-19-Belastung in ihren Landkreisen respektive kreisfreien Städten. Basis für die Ermittlung der Intensivbelegung bildeten die von den Häusern für das DIVI-Intensivregister gemeldeten Daten für den Untersuchungszeitraum.
Aus den 500 am häufigsten codierten Operationen- und Prozedurenschlüsseln (OPS) aller teilnehmenden Krankenhäuser wurden diejenigen selektiert, die nach Einschätzung der Autoren häufig oder in der Regel mit einem intensivstationären Aufenthalt postoperativ einhergehen.
Insgesamt wurden 113.445 operative Eingriffe mit in der Regel postoperativer Intensivbehandlung aus 52 Krankenhäusern (24 Schwerpunktversorger, 15 Maximalversorger und 13 Universitätskliniken) ausgewertet.
Es zeigte sich, dass in Krankenhäusern aus Kreisen mit höherer COVID-19-Intensivbelastung die Fallzahlen für die betrachteten Eingriffe im gesamten Auswertungszeitraum deutlich zurückgegangen waren.
Da bei den Häusern mit hoher COVID-19-Intensivbelegung kein Nachholeffekt zu beobachten war, ist nach Ansicht der Autoren zu befürchten, dass es in der Pandemie nicht nur zu einer hohen Sterberate durch die pandemische Erkrankung selbst gekommen ist, sondern auch die Sterberate bei anderen Erkrankungen aufgrund der eingeschränkten operativen Versorgung und der verminderten Intensivkapazitäten gestiegen ist.
Sie halten eine übergreifende, deutschlandweite Kooperation für notwendig, um die Behandlung von Patienten, die elektive, aber kritische Operationen benötigen, unter Bedingungen anhaltend beanspruchter intensivmedizinischer Ressourcen sicherzustellen.
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