Politik

Kryokonservierung: Kindern und Jugendlichen droht Ausschluss von Kassenleistung

  • Freitag, 31. Januar 2020
Kryokonservierung /dpa
Kryokonservierung /dpa

Berlin – Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die an Krebs erkrankt sind, droht der Ausschluss einer Kryokonservierung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das geht aus einem Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bun­desausschusses (G-BA) hervor, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Das Papier sieht auch eine Alters­gren­ze für die Kryokonservierung bei Frauen ab 40 Jahren und Männern ab 50 vor.

Der Gesetzgeber hatte mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz entschieden, dass Krankenkassen für junge Erwachsene, die an Krebs erkrankt sind, die Kos­ten für eine Kry­o­konservierung tragen müssen. Die De­tails sollte der G-BA bis Februar 2020 re­geln.

Das Problem bei den unter 18-Jährigen liegt nach Angaben des Beschlussentwurfs, der noch kein Datum trägt und sich derzeit im Stellungnahmeverfahren befindet, in den De­tails für eine hormonelle Sti­mulationsbehandlung. So haben GKV-Spitzenverband und Kassen­ärztliche Bundesver­ei­nigung (KBV) im G-BA auf Grenzen der arzneimittelrechtli­chen Zu­lassung hingewiesen.

„Medikamente zur ovariellen Stimulation vor Eizellgewinnung sind aktuell ausschließlich für erwachsene Frauen zugelassen“, heißt es in dem Papier. Würden diese Medikamente bei nicht erwachsenen Frauen eingesetzt, seien die „gesamten in dieser Richtlinie gere­gel­ten Leistungen keine GKV-Leistung“. Im Klartext: Es gibt keine Zulassung für die Gabe der Hormone an unter 18-Jährige, die für die Stimulation der Eierstöcke notwendig sind. Ergo soll dies keine Leis­tung der GKV werden.

Kritik von Betroffenen

Der Beschlussentwurf stößt bei Betroffenenvertretern auf Kritik. „Die Politik war von An­fang an für ein Gesetz, das Jugendliche und Kinder einschließt“, monierte Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs. Nie­mand werde verstehen, wenn das Einfrieren von Eizellen für ein Mädchen von 18 Jah­ren bezahlt werde, für die Bettnachbarin mit 17 Jahren aber nicht.

Das Problem einer fehlenden Zulassung bei Kindern und Jugendlichen sei bei vielen Me­di­kamenten in Fachkreisen gut bekannt. In der Regel würden jedoch flexible Lösungen im Sinne der Patienten gefunden.

Der Mediziner Freund verwies darauf, dass die seit den 1990er-Jahren zugelassenen Me­dikamente in der Praxis bei Mädchen unter 18 Jahren erfolgreich eingesetzt würden, wie eine 2019 veröffentlichte Studie aus den USA auch gezeigt habe. Die amerikanischen Ärz­te schlössen mit der Feststellung: „Die niedrige Komplikationsrate und die gute Ei­zellen­ausbeute sind eine beruhigende Orientierungshilfe für die Ärzte, die junge Frauen beraten sollen (...)“, erklärte die Stiftung.

Freund betonte, er hoffe sehr, dass sich die Vertreter KBV im G-BA der Meinung ihrer Kollegen aus den USA anschließen würden.

Kritik übte die Stiftung, die von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizi­ni­­sche Onkologie (DGHO) getragen wird, auch bei der Altersgrenze nach oben. „Da ist der Streit doch pro­grammiert, und das trifft die Patienten, wenn sie gerade die Krebsdiag­no­se erfahren ha­ben und in wenigen Tagen die Therapie beginnen soll. Die Kryokonser­vie­rung muss ja vorher durchgeführt werden“, sagte Freund.

Der Stiftung zufolge erkranken in Deutschland nahezu 16.500 junge Frauen und Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren jährlich an Krebs. Diese Kryokonservierung koste bis zu 4.300 Euro für Frauen und etwa 500 Euro für Männer. Dazu kommen Lagerkosten von etwa 300 Euro pro Jahr.

may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung