Medizin

„Künstlicher“ Mäuse-Embryo im Labor gebildet

  • Freitag, 3. März 2017

Cambridge/England – Das Forscherteam, das im letzten Jahr menschliche Embryonen im Labor bis zum 13. Tag nach der Befruchtung heranreifen ließ, hat seine Experimente – dieses Mal an Mäusen – fortgesetzt. In Science (2017; doi: 10.1126/science.aal1810) beschreiben sie ihre Erkenntnisse zur getrennten Entwicklung von Embryo und Plazenta.

Nach der Befruchtung der Eizelle setzt die Zellteilung ein. Innerhalb weniger Tage bildet sich ein Zellhaufen mit einem Hohlraum. Diese Blastozyste nistet sich etwa am siebten Tag in die Schleimhaut des Uterus ein. Ab diesem Zeitpunkt kann die weitere Entwick­lung nicht mehr im Labor nachgestellt werden. Eizellen, die nicht implantiert werden, sterben ab.

Im letzten Jahr beschrieb ein Team um Magdalena Zernicka-Goetz von der Universität Cambridge eine Methode, mit der die menschlichen Zellen in einem Gel noch einige Tage am Leben gehalten werden können. Die Versuche wurden dann aus ethischen Gründen abgebrochen. Aber auch aus „technischen“ Gründen wären die Forscher bald an eine Grenze gestoßen. Für den Uterus gibt es bisher keinen funktionierenden Ersatz. 

Die Forscher beschreiten deshalb jetzt einen Umweg. In einem dreidimensionalen „Gerüst“ bringen sie zwei unterschiedliche Stammzellen zusammen. Dies waren einmal embryonale Stammzellen (ESC). Sie stammen aus dem Teil der Blastozyste, die sich später zum Embryo entwickelt. Bei der zweiten Zellart handelte es sich um tropho­blasti­sche Stammzellen (TSC). Sie sind ebenfalls Bestandteil der Blastozyste, entstehen also letztlich auch aus der befruchteten Eizelle. Aus ihnen entwickelt sich später die Plazenta. Dann gibt es noch endodermale Stammzellen, die später den Dottersack bilden. Er ist vor der Entwicklung einer Nabelschnur für die Versorgung des Embryos mit Nährstoffen wichtig. 

Die Forscher brachten in ihren Experimenten nur ESC und TSC zusammen. Die Auf­gabe der endodermalen Stammzellen übernahm das dreidimensionale „Gerüst“, in dem sich der Embryo entwickeln sollte. Dies gelang für die erste Zeit nach der Implantation. In dieser Phase bildet sich eine „Architektur“ heraus, die dem natürlichen Embryo sehr ähnlich ist, im Prinzip aber ein künstliches Gebilde ist, da die endodermalen Stamm­zellen fehlen.

Lebensfähig ist das Konstrukt auf die Dauer nicht. Den Forschern wurde es aber erst­mals möglich, die ersten Stunden und Tage nach nach der Implantation genauer zu untersuchen. Dabei fanden sie heraus, dass die gegenseitige Kommunikation zwischen ESC und TSC wichtig für die weitere Entwicklung des Embryos ist. So setzen die ESC den Signalstoff Nodal/Activin frei. Fehlt er, dann unterbleibt auch die Entwicklung der TSC in Richtung Plazenta.  

Wenn die Kommunikation reibungslos funktioniert, beschreitet der künstliche Embryo jedoch spontan den gleichen Weg wie ein natürlicher Embryo. Es kommt zuerst im ESC-Bereich und dann im TSC-Bereich zur Bildung von Hohlräumen, die sich später zur prä-amniotischen Höhle vereinen. Zwischen ESC und TSC bildet sich ein Mesoderm aus, eines der drei Keimblätter.

Die Forscher brachen die Experimente an diesem Punkt ab. Wie lange die künstlichen Embryonen am Leben gehalten werden könnten, ist unklar.

rme

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