Medizin

Stammzellen bilden im Labor schlagendes Mikro-Herz

  • Mittwoch, 15. Juli 2015
Uploaded: 15.07.2015 10:54:15 by mis

Berkeley – US-Forscher haben menschliche Stammzellen im Labor dazu gebracht, sich in Herzmuskelzellen zu differenzieren und kleine schlagende „Mikrokammern“ zu bilden, die laut der Publikation in Nature Communications (2015; 6: 7413) dazu genutzt werden könnten, die Teratogenität von Medikamenten zu untersuchen.

Das menschliche Herz entwickelt sich in der Embryogenese nicht von selbst aus Stammzellen. Kevin Healy von der Universität von Berkeley ist davon überzeugt, dass neben biochemischen Signalen der Umgebung auch biophysikalische Kräfte eine Rolle spielen. Der Forscher versucht, dies im Labor nachzuahmen, indem er die Stammzellen nicht in einer flachen Petrischale zur Differenzierung in Muskelzellen veranlasste. Die Zellen wurden vielmehr auf einen ringförmigen Träger aufgebracht. Schon nach zwei Wochen begannen sich die Zellen zu einer dreidimensionalen pulsierenden Kammer zu organisieren.

Diese „Mikrokammer“ war zwar weit davon entfernt, Blut zu pumpen. Der Nachbau eines menschlichen Herzens übersteigt derzeit noch die kühnsten Vorstellungskräfte der Forscher. Doch die „Mikrokammern“ lieferten interessante Einblicke in die Embryologie. Dazu gehört, dass die Zellen der äußeren Lagen der Kammern, die bei der Pulsation aus geometrischen Gründen den größten Dehnungskräften ausgesetzt sind, eher die Eigenschaften von Fibroblasten annahmen, die im Körper für die Bildung des Binde­gewebes zuständig sind. Die inneren Schichten ähnelten dagegen eher den Herzmuskelzellen.

Healy glaubt, dass seine Experimente demnächst praktische Bedeutung erlangen. Ein mögliches Einsatzgebiet sieht er in der Prüfung von neuen Wirkstoffen auf ihre teratogenen Eigenschaften hin. Dies haben die Forscher mit dem vielleicht bekanntesten Teratogen Thalidomid geprüft.

Der Contergan-Wirkstoff stört nicht nur die Entwicklung der Extremitäten. Es kann auch zu Herzfehlern kommen. Tatsächlich reagierten die Stammzellen im Labor sehr empfindlich auf Thalidomid: Es kam zur Bildung kleinerer Mikrokammern mit einer verminderten Kontraktilität und einer langsameren Schlagfrequenz.

rme

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