KV Baden-Württemberg kritisiert Modellvorhaben zu Blankorezepten
Stuttgart – Scharfe Kritik an den neuen Modellprojekten zur Verordnung von Heilmitteln übt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg. Laut dem neuen Heil- und Hilfsmittelgesetz verordnet der Arzt weiterhin die Leistung, allerdings bestimmt der Therapeut Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Häufigkeit der Behandlungseinheiten. Die Krankenkassen werden verpflichtet, mit den Verbänden der Heilmittelerbringer Verträge über solche Modellvorhaben abzuschließen. In jedem Bundesland soll es ein Modellvorhaben geben.
Konkret geht es in Baden-Württemberg jetzt um die Physiotherapie. „Physiotherapie ist auch im längerfristigen Verlauf einer Erkrankung nur eine von vielen Therapiemöglichkeiten. Häufig müssen gar keine Maßnahmen ergriffen werden, stattdessen ist in solchen Fällen ein Gespräch, eine Medikation oder operative Versorgung oder auch eine psychotherapeutische Behandlung angebracht. Die Auswahl, welche Therapie für die spezifischen Beschwerden des Patienten geeignet ist, hat in Abwägung zueinander alleine der Arzt erlernt“, sagte der KV-Vorsitzende Norbert Metke.
„Oft ist es nach initialer Diagnosestellung und beim Aufstellen einer Verdachtsdiagnose gerade der Verlauf der Symptome, der die Richtigkeit der Diagnose bestätigt oder widerlegt“, ergänzte sein Stellvertreter Johannes Fechner. Die Weiterbetreuung der Patienten durch Physiotherapeuten ohne ärztliche Kooperation sei ein „Experiment am Kranken, das wir ablehnen“, so Fechner.
Auf die ökonomischen Implikationen der Regelung wies der Bundesvorsitzende des Berufsverbandes der Orthopäden und Unfallchirurgen, Johannes Flechtenmacher, hin: „Schon heute ist die Physiotherapie Preistreiber Nummer eins in den Gesundheitsausgaben mit einer jährlichen Steigerung von durchschnittlich rund acht Prozent. Wer wie der Gesetzgeber die unbegrenzte Dauer der Therapie wünscht, kann sich auch nicht über eine entsprechende Ausgabenentwicklung beschweren“, sagte er.
Auch die KV Niedersachsen hatte die Regelung kritisiert. „Eine Blankoverordnung von Heilmitteln in der Eigenverantwortung der nicht akademischen Hilfsberufe der Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten ist sachwidrig, qualitätsmindernd und sozialpolitisch fehlsteuernd“, heißt es in einem mehrheitlich verabschiedeten Antrag der KV-Vertreterversammlung von Anfang März.
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