Ärzteschaft

Laborärzte verlangen fairere Vergütung

  • Donnerstag, 27. Juni 2013

Berlin – Mit einer Informations- und Protestveranstaltung in Berlin hat heute der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) gegen die zuletzt beschlossenen Absenkungen bei der Laborvergütung und gegen dauerhafte Mittelabflüsse im Bereich der Laboratoriumsmedizin und der Mikrobiologie protestiert. Dies habe dazu geführt, dass „nicht nur die wohnortnahe flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Laborleistungen vor dem Aus steht, sondern auch die Existenz unseres Faches im Kern getroffen ist“, warnte der BDL-Vorsitzende Andreas Bobrowski. Unterstützt wurde die Aktion von weiteren Berufsverbänden und der Fachgesellschaft.

Es gehe bei der Kritik nicht um das ärztliche Honorar, sondern um die betriebswirt­schaftlichen Kosten, betonte Bobrowski. Der Anteil des ärztlichen Honorars an den gesamten Laborkosten betrage nur noch zwei Prozent; im Durchschnitt erhielten Laboratoriumsmediziner pro Fall und Quartal ein Honorar von 2,60 Euro.

Häufig würden die laborärztlichen Einnahmen jedoch gezielt falsch dargestellt, in dem man verschweige, dass im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eine Trennung von Kosten und laborärztlichem Honorar verankert sei. Hätten die Kollegen bislang versucht, die Verluste bei den technischen Leistungen durch Einnahmen aus dem Bereich der privaten Krankenversicherung oder dem Honorar abzufedern, so sei nun das Ende der Fahnenstange erreicht.

Den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wirft der BDL vor, sich in immer größer werdenden Umfang an den laborärztlichen Kosten- und Honorarkontingenten der Gesamtvergütung zu bedienen, „um zusätzliche Gelder an die unterfinanzierten haus- und fachärztlichen Mehrheiten im KV-System zu verteilen“. Als Folge würden immer mehr unabhängige Laborpraxen geschlossen oder müssten sich Laborketten anschließen.

BDL hält Fallanstieg für begründbar
An der Situation ändere auch der Beschluss der jüngsten KBV-Vertreterversammlung nichts, die am Wochenende eine Untergrenze für die Kostenquotierung bei den Laborleistungen beschlossen habe. Dadurch blieben die ärztlichen Labore immer noch auf acht Prozent ihrer Kosten sitzen, kritisierte Bobrowski. Dabei hätten sie zur Begrenzung des Fallanstiegs der letzten Jahre schon eine bundesweite Abstaffelungs­quote von elf Prozent hinnehmen müssen, ergänzte er. Und dies, obwohl der Fallanstieg auch im Laborbereich durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung und die Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich verursacht sei.

Unterstützt wird der BDL vom Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI). Dessen Bundesvorsitzender Lorenz Leitritz forderte eine faire, planbare und angemessene Vergütung für die steigende Anzahl an diagnostischen Untersuchungen. Er verwies darauf, dass der Anstieg der geforderten Untersuchungen neben dem demografischen Wandel und der Leistungsverlagerung als drittes auf den Rückzug des Staates aus der Diagnostik von Infektionserkrankungen zurückgehe. Konkret nannte er den Abbau von Laboratorien in Medizinal- und Landesunter­suchungsämtern in fast allen Bundesländern.

„Da Mikrobiologen wie Laboratoriumsmediziner auf Überweisung tätig werden, können sie diese Steigerungen nicht abwenden“, sagte Leitritz. Er verwies zudem auf neue Aufgaben seiner Kollegen im ambulanten Bereich, beispielsweise durch die Verbreitung von MRSA.

Laborarzt könnte mehr sein als ein „Dienstleister“
„Wir brauchen auch zukünftig eine starke Laboratoriumsmedizin“, forderte Michael Neumaier, Vizepräsident der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL). Er verwies darauf, dass die Abhängigkeit medizinischer Entscheidungen von immer komplizierteren Laborbefunden und Ergebniskonstellationen zunehme.

„Die Labordiagnostik als eine rein technisch beziehbare Leistung und den Laborarzt als den Dienstleister hierfür zu sehen, ist kurzfristig und kann in unserer heutigen Hoch­leistungsmedizin sachlich nicht begründet werden“, befand Neumaier. So würden auch Möglichkeiten einer interdisziplinären Zusammenarbeit zum Vorteil von Patienten vergeudet. Dabei übersehe man, dass eine suboptimale Nutzung diagnostischer Daten die Effektivität des Gesundheitssystems insgesamt verschlechtere.

Der Berufsverband Deutscher Laborärzte fordert, die Labor-Gebührenordnung aktuellen Entwicklungen anzupassen und finanziell so auszustatten, dass sich eine Quotierung erübrigt und die Kosten gedeckt sind. Bei der Anpassung könne man sich an der Kostenentwicklung in ausgewählten Beobachtungspraxen richten, schlug Bobrowski vor. Darüber hinaus setzte er sich dafür ein, Laborleistungen extrabudgetär zu vergüten.

Im Gespräch räumten Vertreter des Fachs aber auch ein, dass es in den vergangenen Jahren Fehlentwicklungen gegeben habe. Zur Erinnerung: Labore wurden immer wieder mit so genannten Kickback-Geschäften in Verbindung gebracht; dabei erzielten Ärzte durch die Abrechnung nicht selbst erbrachter Laborleistungen finanzielle Vorteile.

Ärztliche Zusammenarbeit statt unspezifische Anforderungen
DGKL-Vizepräsident Neumaier verwies auf ein teilweise „unselektiertes Anforderungs­verhalten“. Gemeint ist, dass Haus- und Fachärzte häufig Proben ohne spezifische Fragestellung einschickten, Laborärzte wiederum eine Vielzahl von Daten unkommentiert zurücksandten. Dies hatte Folgen für die Zusammenarbeit und Beratung. Hier seien Veränderungen notwendig, befand Neumaier. Diagnostisch und therapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte müssten in Zukunft enger zusammenarbeiten.

Auch die Frage, ob teilweise überflüssige Laborbefunde angefordert werden und notwendige Analysen unterbleiben, wird diskutiert. Aus der räumlichen Distanz zwischen therapeutisch tätigem Arzt und Laborarzt heraus sei dies häufig schwer zu beurteilen, sagte Bobrowski. In Zukunft werde es durch einen besseren Datenaustausch aber wohl möglich sein, mehr Informationen zur Erkrankung eines Patienten zu erhalten und nicht lediglich eine Laboranforderung. Als geeignete Plattform für einen derartigen Austausch nannte der BDL-Vorsitzende das so genannte KV-SafeNet.

Rie

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