Längerfristiges Sterberisiko lässt sich aus Blutproben ablesen

Köln – Ein Set von mehreren Metabolit-Markern im Blut soll dabei helfen, statistische Aussagen über die Sterblichkeit in den kommenden 5 bis 10 Jahren zu treffen. Zu diesem Ergebnis kommen Analysen auf Basis einer Metabolomik-Plattform, die in Nature Communications publiziert wurden (2019; doi: 10.1038/s41467-019-11311-9).
Forscher aus den Niederlanden und vom Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns in Köln hatten mehr als 44.000 Menschen aus 12 Kohorten untersucht. Im Laufe des Follow-ups von 2,76 bis 16,7 Jahren starben 5.512 Probanden.
Ein metabolisches Profil aus insgesamt 14 Biomarkern – unter denen sich vor allem Aminosäuren, Lipidwerte und Entzündungsparameter befinden – schnitt in der Vorhersage besser ab als bisher verfügbare Marker.
Bisher wurden Alterungsindikatoren herangezogen, wie etwa der systolische Blutdruck, Cholesterinwerte, Body-Mass-Index oder Rauchen, um die Sterblichkeit vorherzusagen. Die entdeckten Assoziationen blieben bei Männern und Frauen und auch über verschiedene Altersgruppen hinweg ähnlich.
Die Autoren schlagen vor, das Set der Metaboliten-Marker im Blut könne zukünftig in der klinischen Routine eingesetzt werden – bei Therapieentscheidungen oder als Surrogat-Marker für Mortalität im Rahmen von klinischen Studien.
Solche Marker als Entscheidungsgrundlage für oder gegen aggressive Therapien zu haben, könnte später einmal in der Onkologie oder im Übergang von kurativer zu palliativer Versorgung Hochbetagter Anwendung finden.
Die beschriebene Methode liefert nur eine Wahrscheinlichkeit, mit der der Patient krankheitsunabhängig in den kommenden 5 bis 10 Jahren sterben wird. „Arzt und Patient würden also nur eine sehr abstrakte zusätzliche Information über einen auch noch relativ langen Vorhersage-Zeitraum erhalten, die es in der individuellen Situation aber richtig zu bewerten gilt“, sagt Annette Rogge, Vorsitzende und Geschäftsführerin des Klinischen Ethikkomitees am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.
Für den weitaus größten Teil von Therapieentscheidungen sollte man diese Information sicherlich als irrelevant einschätzen. Noch ungeklärt sei zudem die Frage, ob eine statistisch analysierte Hochrisikogruppe zu einer Diskriminierung von Patienten führen könnte, warnt Rogge.
Auch die Autoren betonten, dass es für einen Einsatz der Metaboliten-Marker in der Klinik noch zu früh sei. In der Zukunft sehen sie aber durchaus Potenzial: Der kostengünstige Test müsse erst in weiteren Studien validiert und die biologische Rolle der 14 Marker aufgeklärt werden.
Florian Kronenberg, Professor für Genetische Epidemiologie am Institut für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck hält die Ergebnisse wissenschaftlich für „sehr spannend“. Er ist überzeugt, dass sich die Prognosegenauigkeit noch verbessern ließe.
„Würde man zu diesen Daten neben Metaboliten noch weitere Datenebenen wie genetische Daten oder andere Omics-Daten hinzufügen sowie nicht nur konventionelle Risikofaktoren, dann würde die Vorhersagekraft wahrscheinlich weiter ansteigen.“
Schon heute würden in der Medizin Entscheidungen auf Basis von Daten fallen – meist jedoch relativ weniger Daten, gibt Kronenberg zu Bedenken. „In Zukunft wäre die Vorhersage aufgrund tausender Daten wohl präziser, wenn auch niemals hundertprozentig treffsicher.“ Gleichzeitig warnt aber auch er vor Fehlentwicklungen und kommerziellen Interessen.
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