Lärm ist schleichendes Gesundheitsrisiko

Berlin/Dresden – Aufklärungskampagnen zu Hörschäden hat die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, anlässlich des heutigen Tages gegen den Lärm gefordert. „Schon in den Schulen muss die Aufklärungsarbeit beginnen. Denn Aufklärung wirkt. Gute Vorbilder dafür sind die erfolgreichen Kampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Thema Alkohol und Rauchen“, sagte Connemann.
Die Zahl der Menschen, die Hörprobleme haben, wächst jährlich. „Der aktuelle Barmer-Arztreport hat ermittelt, das allein im Jahr 2015 fast 9,8 Prozent aller Arztbesucher die Diagnose ‚Krankheiten des Ohres, H90–H95’ erhielten“, berichtete Heike Sander, Leiterin der Landesvertretung der Barmer in Niedersachsen und Bremen. Dabei betreffe Schwerhörigkeit nicht nur alte Menschen – immer öfter sei es auch für Kinder und Jugendliche ein Thema.
Aber auch in Krankenhäusern kann Lärm ein Problem sein – für Patienten, Ärzte und Pflegekräfte. Das zeigt eine Untersuchung am Klinikum Links der Weser in Bremen. Der Fachkrankenpfleger Andreas Schneider befragte dort 2015 über zwei Monate Patienten nach ihrem Lärmempfinden auf der Intensivstation. Außerdem prüfte er mit einem Dezibel-Messgerät den tatsächlichen Lärmpegel. „Wir haben uns absolut nicht lärmschonend verhalten“, lautet Schneiders Fazit, der das Thema für seine Abschlussarbeit der Fachweiterbildung aufgegriffen hatte.
Die Klinik reagierte auf die Ergebnisse seiner Erhebung: Patienten können sich nun Kopfhörer aufsetzen, die Nebengeräusche ausblenden. Positiver Nebeneffekt: „Patienten werden auf diese Weise nach der OP auch ruhiger und können häufig früher verlegt werden“, sagt Schneider. Außerdem wurden Lärmampeln auf allen Fluren installiert. Sie leuchten rot, wenn es zu laut ist. Zwei Patientenzimmer wurden zu Lagerräumen umfunktioniert, weil sie neben der Spüle und dem Aufzug lagen. Zudem ist eine Arbeitsgruppe um Andreas Schneider entstanden, die bereits zwei Testreihen zum Einsatz der Kopfhörer initiiert hat. Die Gruppe klärt das Team auf der Intensivstation auch über Möglichkeiten auf, Lärm zu vermeiden.
Dass Lärm Stressreaktionen auslösen kann, die sich auf das Herz-Kreislauf-System auswirken können, berichtete 2016 eine Arbeitsgruppe der Uniklinik Dresden im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Arztebl Int 2016; 113(24): 407–14). Die Arbeitsmediziner verglichen im Rhein-Main-Gebiet 19.632 Patienten mit der Diagnose Herzinfarkt zwischen 2006 und 2010 mit 834.734 Kontrollpersonen. In dieser Studie war ein großer Teil der Bevölkerung Verkehrslärmpegeln ausgesetzt, die mit einer – wenngleich geringen – Risikoerhöhung für einen Herzinfarkt verbunden waren. „Dies unterstreicht die Bedeutung einer wirksamen Prävention von Verkehrslärm“, berichteten die Autoren.
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