Landarzt-Klischees stimmen nicht mehr
Dortmund – Viele Medizinstudierende verbinden mit der Tätigkeit als Landarzt weiterhin überlange Arbeitszeiten, häufige Bereitschaftsdienste und lehnen es ab, in einer ländlichen Region mit schlechter Infrastruktur zu leben. „Aber die Zeiten, in denen ein Landarzt als Einzelkämpfer rund um die Uhr vor Ort für die Patienten da sein musste, sind längst vorbei“, erläuterte Gerhard Nordmann, zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe.
Heute gebe es vielfältige Möglichkeiten, in der ambulanten Versorgung tätig zu werden: „Der Arzt kann mit Kollegen kooperieren, sich anstellen lassen oder auch in Teilzeit tätig sein. Zudem gibt es keine Residenzpflicht mehr. Der Arzt kann also auch in einer nahe gelegenen größeren Stadt leben, wo es ein breiteres kulturelles Angebot und mehr Schulformen gibt oder auch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für den Partner“, betonte der KV-Vize. Mit der Notfalldienstreform im Jahr 2011 sei zudem die Zahl der Bereitschaftsdienste gerade für die Ärzte in ländlichen Regionen deutlich gesunken.
Damit sich mehr Medizinstudierende besser als bisher einen realistischen Eindruck von der Tätigkeit als Hausarzt in einer ländlichen Region verschaffen, fördern die Abteilung Allgemeinmedizin der medizinische Fakultät der Ruhr Universität Bochum (RUB) und die KV seit Dezember 2015 Praktika in ländlichen Hausarztpraxen in Ostwestfalen-Lippe (OWL) mit bis zu 500 Euro für ein zweiwöchiges Blockpraktikum. Gemeinsames Ziel ist, die hausärztliche Versorgung in der Region mittel- und langfristig zu sichern.
Inzwischen sind laut KV erste Erfolge der Förderung sichtbar: So stieg die Zahl der Hospitationen in Hausarztpraxen in kleineren OWL-Gemeinden von vier im Jahr 2015 auf 39 im Jahr 2016, die Zahl der Blockpraktika erhöhte sich im gleichen Zeitraum von drei auf acht. „Die KV hat ein großes Interesse daran, dass möglichst viele Medizinstudierende das echte Leben als niedergelassener Arzt in einer ländlichen Region kennen lernen“, betonte Nordmann. Er ist überzeugt: „Die meisten werden es lieben!“
Förderung für die Region kommt auch aus Düsseldorf: Mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen werden im kommenden Wintersemester 60 Medizinstudierende erstmalig ihre klinische Ausbildung an fünf Kliniken in OWL beginnen.
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