Lauterbach glaubt nicht an Erfolgschance von Entscheidungslösung

Passau – Das Modell einer Entscheidungslösung, das gestern eine Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock, vorgelegt hatte, stößt beim SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach auf Skepsis. Er hält den Vorschlag für unwirksam. „Damit würde sich die Situation bei Organspenden im Vergleich zur geltenden Regelung nicht wesentlich verbessern“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion der Passauer Neuen Presse.
Die Zahl der Spender würde durch die Zustimmungslösung zwar steigen, aber nicht so stark, wie das nötig wäre. „Derzeit zeigen sich rund 86 Prozent der Menschen in Umfragen bereit für eine Organspende, aber nur ein Drittel hat auch einen Spenderausweis. Diese riesige Lücke wird dieses Modell nie schließen können“, sagte Lauterbach.
Zudem halte er das vorgeschlagene Verfahren – potenzielle Spender sollen bei der Ausweisbeantragung befragt werden – für unpassend. „Behörden sind nicht der richtige Ort, um über solche existenziellen Fragen zu entscheiden. Die Frage, sich zu entscheiden, kommt zur Unzeit. Wer sein Portemonnaie mit Ausweispapieren verloren hat, denkt über vieles nach, aber nicht über Organspende“, erklärte Lauterbach.
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) lobte hingegen heute den neuen Ansatz zur Organspendereform. „Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist doch immer eine persönliche Entscheidung“, teilte Werner heute mit. Der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf der Bundestagsabgeordneten berücksichtige das.
Der Gesetzentwurf der Gruppe um die Parteivorsitzenden Baerbock und Katja Kipping (Linke) sowie die Abgeordneten Stephan Pilsinger (CSU), Karin Maag (CDU), Hilde Mattheis (SPD) und Otto Fricke (FDP) will die Organspende „als eine bewusste und freiwillige Entscheidung“ beibehalten, „die nicht durch den Staat erzwungen werden darf“.
Wenn Bürger einen Ausweis beantragen, sollen die Beamten Informationsmaterial zur Organspende aushändigen und auf das Register hinweisen. Beraten sollen sie allerdings nicht. Stattdessen sollen Hausärzte Patienten regelmäßig über die Organspende aufklären, „ergebnisoffen“ beraten und zur Eintragung in das Register „ermutigen“. Das Onlineregister soll vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information geführt werden.
Die Gruppe um Lauterbach und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will dagegen mit einer Widerspruchslösung jeden Erwachsenen automatisch zum Organspender erklären, der zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widerspricht. Der Bundestag wird sich voraussichtlich noch vor der Sommerpause in erster Lesung mit dem Thema befassen. Eine Abstimmung ohne Fraktionszwang dürfte im Herbst zu erwarten sein.
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