Lauterbach plädiert trotz guter Gesundheitspolitik für ein Ende der Großen Koalition

Berlin – Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und die Abgeordnete Nina Scheer plädieren bei ihrer gemeinsamen Bewerbung für den SPD-Parteivorsitz für ein Ende des Regierungsbündnisses mit der Union. Zwar habe die Große Koalition in der Gesundheitspolitik vieles erreicht, räumte Lauterbach bei einem gemeinsamen Presseauftritt heute in Berlin ein. In vielen anderen Bereichen „kommen wir mit der GroKo nicht weiter“.
Ende Juni hatte Lauterbach zur Sommerpause eine äußerst positive Bilanz der Großen Koalition für die Gesundheits- und Pflegepolitik gezogen. „Wir haben fast 90 Prozent der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag bereits abgearbeitet. Das ist in keinem anderen Politikfeld so“, sagte Lauterbach damals vor Journalisten in Berlin.
Abgearbeitet habe man bereits die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge sowie die Entscheidung, künftig die Pflegekosten aus den Berechnungen der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) herauszunehmen. Auch die Anhebung der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte zählt Lauterbach dazu.
Hohe Finanzrelevanz habe auch die schnellere Vergabe von Arztterminen, die im Terminservice- und Versorgungsgesetz geregelt wurden. Bei den Sachthemen laufen derzeit mehrere Gesetzentwürfe parallel. Dazu gehören unter anderem das Implantateregistergesetz, die Pflichtimpfung zu Massen oder die MDK-Reform.
In Bezug auf die Große Koalition sagte Lauterbach heute: „Wir sind der Meinung, dass die SPD die Große Koalition verlassen sollte, weil wir zu wenig erreicht haben“. Letztlich sollten aber die Parteimitglieder über den Fortbestand des Regierungsbündnisses entscheiden. Lauterbach und Scheer gehören beide der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion an. Scheer hatte sich von Anfang an gegen eine Neuauflage der Groko gewandt, Lauterbach hatte sie hingegen zunächst befürwortet.
Lauterbach äußerte die Erwartung, dass sich bei einer Mitgliederbefragung eine Mehrheit für den Ausstieg aus dem Regierungsbündnis aussprechen werde. Scheer betonte, die von den Groko-Kritikern von Anfang an gehegten Befürchtungen seien „weitgehend eingetreten“. Es sei „nicht gelungen, die notwendigen Bedingungen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft durchzubuchstabieren“.
Lauterbach und Scheer sprachen sich heute darüber hinaus auch dafür aus, dem Klimaschutz in der SPD einen größeren Stellenwert einzuräumen. „Die Umweltpolitik wird vernachlässigt“, beklagte Lauterbach. Es müsse jetzt darum gehen, die Sozialpolitik mit Umweltbelangen zu kombinieren. Die Umweltexpertin Scheer plädierte für ein Umsteuern in der Wirtschafts- und Umweltpolitik. „Es muss teurer werden, auf Kosten von Ressourcen zu wirtschaften.“
Die SPD sucht nach dem Rücktritt von Andrea Nahles eine neue Spitze, im Gespräch ist dafür ein Duo. Interessenten können ihre Kandidatur allein oder zu zweit noch bis zum 1. September anmelden. Anschließend stimmen die Mitglieder ab. Die formale Entscheidung über den künftigen Vorsitz und auch über die Installierung einer Doppelspitze fällt ein Parteitag im Dezember.
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