Medizin

Lebenserwartung 2030: Südkoreaner leben am längsten - Geschlechterlücke schließt sich langsam

  • Mittwoch, 22. Februar 2017
Uploaded: 22.02.2017 18:08:26 by mis
dpa

London – Die durchschnittliche Lebenserwartung wird in vielen Ländern bis zum Jahr 2030 weiter ansteigen. Sofern es nicht zu Kriegen, Epidemien oder Naturkatastrophen kommt, werden Frauen in Südkorea dann im Durchschnitt 90 Jahre alt. Auch in anderen reicheren Ländern dürfte die Lebenserwartung steigen und die Unterschiede zwischen Frauen und Männern werden sich laut der Untersuchung im Lancet (2017; doi: 10.1016/S0140-6736(16)32381-9) in den meisten Ländern verringern.

Die Altersentwicklung von Frauen in Südkorea ist beispiellos. Seit 1985 ist die durch­schnittliche Lebenserwartung jedes Jahrzehnt um 3,7 Jahre gestiegen. Südkorea wird im Ländervergleich von Position 29 in 1985 bis 2030 vermutlich auf Platz 1 steigen, gefolgt von Frankreich (88,6 Jahre) und Japan (88,4 Jahre). Auch bei den Männern steigt Südkorea (84,1 Jahre) auf Platz eins, gefolgt von Australien (84,0 Jahre) und der Schweiz (84,0 Jahre). Deutschland belegt unter den 35 Ländern, für die Majid Ezzati vom Imperial College London aufgrund einer guten Datenlage eine Vorhersage wagt, im Mittelfeld (Frauen Platz 17, Männer Platz 16, keine konkreten Angaben zur Lebens­erwartung im Text).

Den größten Sprung in der Lebenserwartung bis 2030 machen Frauen in Südkorea. Der Anstieg gegenüber 2010 beträgt im Durchschnitt 6,6 Jahre. Es folgen Slowenien (plus 4,7 Jahre) und Portugal (plus 4,4 Jahre). Bei Männern steigt die Lebenserwartung am stärksten in Ungarn (plus 7,5 Jahre), Südkorea (plus 7,0 Jahre) und Slowenien (plus 6,4 Jahre).

Mazedonien ist Schlusslicht

Die geringste Zunahme projiziert Ezzati für Frauen in Mazedonien (plus 1,4 Jahre), Bulgarien (plus 1,5 Jahre), Japan (plus 1,8 Jahre) und in den USA (plus 2,1 Jahre). Bei den Männern verzeichnen Mazedonien (plus 2,4 Jahre), Griechenland (plus 2,7 Jahre), Schweden (plus 3,0 Jahre) und die USA (plus 3,0 Jahre) den geringsten Gewinn.

Die fünf Länder mit der höchsten Lebenserwartung für 65-jährige Männer im Jahr 2030 sind Kanada (22,6 zusätzliche Jahre), Neuseeland (22,5 Jahre), Australien (22,2 Jahre), Südkorea (22,0 Jahre) und Irland (21,7 Jahre). Frauen haben im Alter von 65 Jahren in Südkorea im Durchschnitt noch 27,5 Jahre vor sich, gefolgt von Frankreich (26,1 Jahre), Japan (25,9 Jahre), Spanien (24,8 Jahre) und der Schweiz (24,6 Jahre).

Die Gründe für die außerordentliche Zunahme der Lebenserwartung in Südkorea kann diese Studie nicht klären (dazu müssten die Daten mit der Prävalenz anderer Einfluss­faktoren verglichen werden). Ezzati vermutet jedoch, dass die kontinuierliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, eine verbesserte Ernährung für Kinder und ein funktionierendes Gesundheitssystem den Ausschlag gegeben haben. In Südkorea würden immer weniger Menschen an Infektionen oder chronischen Erkrankungen sterben.

Lebenserwartung in den USA könnte sinken

In den USA hat sich die Situation eher verschlechtert. Die USA sind laut Ezzati als einziges der 35 Länder noch immer ohne allgemeine Krankenversicherung, und für einen steigenden Anteil der Bevölkerung seien Behandlungen im Krankheitsfall nicht mehr finanzierbar. Die USA haben die höchste Kindersterblichkeit, die höchste Zahl von Morden und die Erwachsenen haben den höchsten Body-Mass-Index.

Dies erklärt laut Ezzati, dass die USA in der Rangliste der Lebenserwartung bei Männern und Frauen in den letzten Jahrzehnten zurückgefallen sind. Ezzati hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Lebenserwartung in den USA sogar fallen wird. Ein erster Hinweis sei eine Stagnation in der durchschnittlichen Körpergröße der Amerikaner, während die Größe der Südkoreaner weiter steige.

Männer rauchen und trinken mehr

Die Geschlechterlücke in der Lebenserwartung wird nach den Projektionen von Ezzati abnehmen. Im Jahr 2010 lebten Frauen 3,9 Jahre (Neuseeland) bis 8,5 Jahre (Polen) länger als Männer. Bis 2030 werde der Unterschied in allen Ländern bis auf Mexiko zurückgehen oder wie in Chile, Frankreich und Griechenland zumindest nicht weiter ansteigen. 

Auch hier kann die Untersuchung die Ursachen nicht ermitteln. Die wichtigsten Faktoren dürften laut Ezzati jedoch ein Rückgang der nicht-natürlichen Todesfälle, der Lungen­krebs­erkrankungen und der  und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, für die Männer aufgrund ihrer Lebensweise anfällig sind. Ezzati bringt dies auf einen einfachen Nenner: Männer rauchen und trinken mehr und sie sind häufiger in Straßenverkehrsunfälle und Tötungsdelikte verwickelt.

rme

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