USA: Opiat-Todesfälle gefährden Anstieg der Lebenserwartung

Atlanta – Eine Verdreifachung tödlicher Opiat-Überdosierungen hat in den USA seit Anfang der 2000er-Jahre die Zunahme der Lebenserwartung begrenzt. Dies zeigen Berechnungen der Centers for Disease Control and Prevention, die jetzt im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2017; 318: 1065–1066) vorgestellt wurden.
Die durchschnittliche Lebenserwartung der US-Amerikaner ist im Zeitraum von 2000 bis 2015 insgesamt um zwei Jahre von 76,8 auf 78,8 Jahre gestiegen. Diese günstige Entwicklung war vor allem auf einen Rückgang der Todesfälle an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zurückzuführen. So sank die Mortalität an Herzerkrankungen um 89,1 pro 100.000 Einwohner, wie Deborah Dowell von den Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta (CDC) anhand einer Analyse der amtlichen Todesbescheinigungen herausfand.
Bei Krebserkrankungen gab es einen Rückgang um 41,1 und bei den Schlaganfällen um 23,3 pro 100.000 Einwohner. Auch die Mortalität an Diabetes, Influenza und Lungenentzündungen ist leicht gesunken.
Auf der anderen Seite ist die Mortalität an Morbus Alzheimer (plus 11,4 auf 100.000), unbeabsichtigten Verletzungen (plus 8,3) und Suiziden (plus 2,9) gestiegen. Die mit Abstand größte Zunahme gab es jedoch bei den Drogentoten. Waren laut dem „National Vital Statistics System“, das die Angaben in den Totenscheinen registriert, im Jahr 2000 noch 17.415 Menschen an einer Überdosis von Drogen gestorben, so waren es 2015 mit 52.404 dreimal so viele. In der Mortalität bedeutet dies einen Anstieg um 10,1 pro 100.000 Einwohner.
Die meisten dieser Todesfälle, nämlich 33.019 waren auf Opiatüberdosierungen zurückzuführen. Dowell differenziert in der Statistik nicht zwischen klassischen Drogentoten, die an einer Überdosierung Heroin und anderen illegalen Substanzen starben, und Personen, die durch ärztlich verordnete Opioide ums Leben kamen. Andere Statistiken zeigen jedoch, dass die freizügige Verordnung von starken Schmerzmitteln einen erheblichen Anteil an der derzeitigen Drogenkrise haben. Die CDC hat aus diesem Grund jüngst die Regeln für die Verordnung von Opioiden verschärft. Dowell war die leitende Autorin einer diesbezüglichen Leitlinie.
Besonders stark zugenommen hat in den letzten Jahren auch der Schwarzmarkt mit Fentanyl, einem wegen der guten Steuerbarbeit in der Anästhesie eingesetzten hochpotenten Opiat, das jedoch bei Überdosierungen schnell zur Atemlähmung führt.
Die Zahl der Drogentoten ist in den letzten Jahren so stark angestiegen, dass ein Einfluss auf die durchschnittliche Lebenserwartung der US-Bevölkerung nachweisbar ist. Ohne die Drogentoten wäre die Lebenserwartung der US-Amerikaner zwischen 2002 und 2015 um 0,28 Jahre stärker gestiegen als dies der Fall ist, schreibt Dowell.
Andere Untersuchungen haben in den letzten Monaten ebenfalls auf das Problem aufmerksam gemacht. Im April berichteten britische Forscher, dass die USA mit die niedrigste Lebenserwartung aller hoch entwickelten Länder haben und dass der Abstand zu den anderen Ländern sich in den nächsten Jahren weiter vergrößern könnte (Lancet 2017; 389: 1323–1335). In den Jahren 2014 und 2015 sei die Lebenserwartung in den USA bereits leicht gesunken, schreibt die CDC-Mitarbeiterin weiter.
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