Long COVID: Fallberichte weisen auf Nutzen monoklonaler Antikörper hin

Houston – Die Behandlung mit der Antikörper-Kombination Casirivimab/Imdevimab, die wegen der Immunevasion der Omikron-Varianten von SARS-CoV-2 nicht mehr eingesetzt wird, soll bei drei Patienten mit schwerem Long COVID, die sich vor der Omikron-Welle mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, eine durchschlagende Wirkung erzielt haben.
US-Mediziner aus Florida stellen die Fälle im American Journal of Emergency Medicine (2024; DOI: 10.1016/j.ajem.2023.09.051) vor. Mediziner aus Kalifornien untersuchen derzeit einen anderen Antikörper in einer randomisierten Studie an Long-COVID-Patienten.
Eine persistierende Virusinfektion gehört zu den derzeit diskutierten Hypothesen zum noch ungeklärten Pathomechanismus von Long COVID. Die Viren sollen sich nur an bestimmten Stellen im Körper vermehren, ohne dass dies mit den bestehenden PCR-Tests nachgewiesen werden kann.
Diese Hypothese ist eine mögliche Erklärung für die Fallberichte, die ein Team um Paul Pepe vom University of Texas Health Sciences Center in Houston vorstellt. Die drei Patienten litten unter einem schweren Long COVID, das nach Auskunft von Pepe die Lebensqualität deutlich eingeschränkt hatte. Die akuten Erkrankungen an COVID-19 waren bereits 2020 oder in der ersten Hälfte von 2021 aufgetreten, also in der Zeit vor der Omikronwelle.
Die drei Patienten wurden später mit Casirivimab/Imdevimab behandelt, weil sie sich erneut mit SARS-CoV-2 infiziert hatten oder Kontakt zu Erkrankten hatten. Die Behandlungen fanden im September oder Oktober 2021 statt, also kurz vor dem Beginn der ersten Omikronwelle.
Die Behandlungen verhinderten nicht nur eine zweite akute Erkrankung an COVID-19. Alle drei Patienten sollen sich nach der einmaligen Gabe von Casirivimab/Imdevimab innerhalb weniger Tage von ihrem Long COVID erholt haben. Sie sind seither beschwerdefrei.
Pepe hat drei mögliche Erklärungen. Erstens könnte die Antikörper-Kombination eine persistierende Infektion mit SARS-CoV-2 beseitigt haben. Sie könnte zweitens Auto-Antikörper, die sich manchmal über das Ende der akuten Infektion hinaus im Blut der Patienten nachweisen lassen, beseitigt haben. Nach einer dritten Hypothese würde die Antikörper-Kombination eine Immunreaktion gegen reaktivierte Herpesviren, etwa dem Epstein-Barr-Virus, anstoßen.
Die Evidenz von retrospektiven Einzelfallberichten ist gering. Pepe hofft jetzt auf die Einrichtung eines Behandlungsregisters, um weitere erfolgreiche Behandlungsfälle zu finden. Einen anderen Weg hat ein Team um Michael Peluso von der Universität von Kalifornien in San Francisco eingeschlagen.
Die Forscher haben eine randomisierte Studie (outSMART-LC) begonnen, in der Patienten mit Long COVID mit dem Antikörper AER002 des Herstellers Aerium Therapeutics, Boston, oder Placebo behandelt werden. Ziel ist die Beseitigung von hypothetischen Virus-Reservoiren. Denselben Ansatz verfolgen in den USA die Studien PAX LC und STOP-PASC, die die persistierenden Viren mit Nirmatrelvir plus Ritonavir bekämpfen wollen. Die Studie „SOLIDARITY Finland Long-COVID trial“ aus Finnland versucht dies derzeit mit Remdesivir.
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