Männliche Scheidungskinder haben häufiger Suizidgedanken
Toronto – Erwachsene, die in jungen Jahren die Scheidung ihrer Eltern erlebt haben, denken öfter daran, sich das Leben zu nehmen, als Menschen aus intakten Familien. Dabei zeigen sich geschlechterspezifische Unterschiede, wobei die Männer unter den Scheidungskindern wesentlich häufiger zu Suizidgedanken neigten als die Frauen. Das geht aus einer neuen Studie im Journal Psychiatry Research (doi:10.1016/j.psychres.2010.12.004) hervor, die Wissenschaftler der Universität Toronto publiziert haben.
Unter 6.647 Erwachsenen, von denen über zehn Prozent die Scheidung ihrer Eltern im Alter von höchstens 18 Jahren erlebt haben, untersuchten die Autoren die Suizidgefährdung. Neben standardisierten Fragebögen berücksichtigten sie auch andere Faktoren, wie Stress, sozioökonomischen Status oder Angstgefühle und depressive Episoden.
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Männer von geschiedenen Eltern um mehr als das Dreifache wahrscheinlicher Suizidgedanken hatten als eine Vergleichsgruppe, bei denen die Eltern nicht geschieden waren. Auch bei Frauen zeigte sich eine ähnliche Tendenz, wobei die Assoziation laut der Arbeitsgruppe aber nicht so stark war wie bei Männern.
Die Korrelation zwischen Scheidung der Eltern und den auftretenden Suizidgedanken war dann besonders stark, wenn die Eltern suchtkrank, gewalttätig oder arbeitslos waren. Aber auch ohne diese kindlichen Stressoren dachten Männer, die als Kinder die Scheidung ihrer Eltern erlebten, zu mindestens einem Zeitpunkt ihres Lebens noch doppelt so häufig an einen Selbstmord wie die Vergleichsgruppe.
Die Assoziation zwischen beiden Ereignissen, die vor allem bei den Männern stark ist, hält Erst-Autorin Esme Fuller-Thomson für besonders überraschend. Frauen aus Scheidungs-Familien seien dagegen nicht so anfällig für Suizidgedanken, es sei denn, in ihrer Familie hätte es Fälle von Gewalt oder Substanzabhängigkeit gegeben.
Die Gründe dafür sind Wissenschaftlern zufolge vielfältig, erklären die Autoren. Dennoch glauben sie, dass den Jungen nach der Scheidung der Eltern der enge Kontakt zum Vater häufig fehle, da sie mehr bei der Mutter aufwachsen. Das erkläre bereits in vergangenen Untersuchungen zahlreiche psychische, später auftretende Probleme bei Männern.
Fuller-Thomson betont jedoch abschließend, dass diese Ergebnisse keinen Anlass für geschiedene Eltern bieten sollten, in Angst zu verfallen. Aus ihren Daten ließe sich nicht schlussfolgern, dass Jungen aus solchen Elternhäusern tatsächlich häufiger Suizid begehen. Dennoch wisse man aufgrund der Studie nun mehr um die seelischen Nöte, denen Scheidungskinder ausgesetzt seien.
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