Politik

Mainzer Forscherin: Pflege aus Osteuropa ist „Massenphänomen“

  • Freitag, 7. Oktober 2016

Mainz – Pflegearbeiterinnen, vor allem aus Osteuropa, sind nach Ansicht einer Mainzer Forscherin in deutschen Haushalten ein „Massenphänomen“. Weil ein Großteil irregulär und privat beschäftigt werde, gebe es aber keine genauen Zahlen, sagte Cornelia Schweppe, Professorin für Sozialpädagogik an der Johannes Gutenberg-Universität. Bis Freitag beschäftigt sich ein internationales Symposium an der Universität Mainz mit transnationaler Altenpflege.

Obwohl viele Menschen die Pflegekräfte illegal beschäftigen, hat Schweppe zur eigenen Überraschung keine Probleme, Teilnehmer für ihre Studien zu finden. „Viele Angehörige wollen mitmachen, weil sie gehört werden wollen, weil sie sich mit den Aufgaben allein­gelassen fühlen“, sagte Schweppe. Fasziniert sei sie auch, dass kaum jemand die Pflegekräfte aus Osteuropa verstecke. „Es wissen alle: die Nachbarn, die Mediziner, die ambulanten Dienste. Eigentlich weiß es jeder, aber keiner sagt etwas“, meinte sie.

Anders als in Deutschland sei in den Niederlanden die Pflege durch die Familie und oft im Haus wohnende Pflegekräfte kaum verbreitet, sagte Schweppe weiter. „In Deutsch­land stemmt die Familie die Pflege, in Holland wird es als staatliche Aufgabe ange­sehen.“ Deswegen sei es dort in der öffentlichen Meinung auch völlig in Ordnung, jemanden in ein Heim zu geben – hierzulande gelte das oft als Abschieben der Oma oder des Opas.

Die Pflegekräfte leben laut Schweppe oft in einem Zimmer in der Wohnung der Pflege­bedürftigen und müssen für diese 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche zur Verfügung stehen. Forschungsergebnisse zeigten, dass Deutsche unter diesen Bedin­gun­gen nicht unbedingt arbeiten würden. Auf der anderen Seite bemerkt Schweppe: „Das ist eine geduldete Praxis, denn wenn es sie nicht gäbe, würde das Pflegesystem noch mehr zusammenbrechen.“

Zunehmend gibt es nach Schweppes Forschungen auch Einrichtungen in Osteuropa sowie in Thailand und den Philippinen, die pflegebedürftige Menschen aus Deutschland aufnehmen und betreuen. Das sei oft eine ganz andere Betreuung als in Deutschland. „Das sind oft wunderbare Ferienanlagen, mit Palmen und Swimmingpool“, sagt sie.

dpa

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