Mammakarzinom bei Männern: Früherkennungsmaßnahmen vorantreiben

München – Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs (DK-FBREK) will Früherkennungsmaßnahmen für Männer mit erhöhtem Brustkrebsrisiko vorantreiben. Darauf machte Natalie Herold vom Zentrum Familiärer Bust- und Eierstockkrebs der Uniklinik Köln beim diesjährigen Senologiekongress aufmerksam.
Retrospektive Auswertungen des deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs haben dazu geführt, dass das singuläre Mammakarzinpom beim Mann (mBC) Anfang dieses Jahres als neues Einschlusskriterium in die Checkliste zur Erfassung einer möglichen erblichen Belastung für Brust- und/ oder Eierstockkrebs aufgenommen wurde (2022; DOI: 10.1093/jnci/djab147). So haben nun auch Männer mit Brustkrebs ohne familiäre Vorbelastung die Möglichkeit an einer genetischen Beratung und Keimbahntestung teilzunehmen.
„Damit ist im Deutschen Konsortium ein wichtiger Beitrag für die Verbesserung der Versorgung von Männern mit einem erhöhten Mammakarzinomrisiko geleistet worden", sagte Kerstin Rhiem, leitende Oberärztin im Zentrum für Familiären Brust- und Eierstockkrebs, dem Deutschen Ärzteblatt.
Die genetische Untersuchung könne von therapeutischer Relevanz sein (zum Beispiel PARPi) und gegebenenfalls ein erhöhtes Prostatakarzinomrisiko aufdecken. So hätten Patienten mit BRCA2-Mutation ein 60 % lebenslanges Risiko für ein Prostatakarzinom. „Darüber hinaus können über das neu etablierte Kriterium für die genetische Beratung und Untersuchung Familien identifiziert werden, die bislang nicht über die bekannten Kriterien erfasst wurden", so Rhiem.
Das mBC ist eine seltene Erkrankung, die mit einer hohen Prävalenz pathogener Keimbahnvarianten (PVs) im BRCA2-Gen einhergeht. Um die Prävalenz von PVs in BRCA1/2 und 23 weiteren Prädispositionsgenen besser abzuschätzen, untersuchte das DK-FBREK retrospektiv 614 mBC-Patienten (mittleres Ersterkrankungsalter 60 Jahre, Spanne: 22-91 Jahre) aus verschiedenen Versorgungszentren in Deutschland. Die Ergebnisse der Keimbahnanalysen mit dem Genpanel TruRisk (Agilent SureSelectXT) wurden nach Erkrankungsalter, Tumorphänotyp und Familiengeschichte stratifiziert.
Die Genpanelanalysen ergaben, dass bei 33 % eine PV nachgewiesen werden konnte. Ein hoher Anteil davon trug PVs in BRCA2 (23,0 %) und BRCA1 (4,6 %). Es lag keine signifikante Assoziation von PVs in BRCA1/2 mit dem Erstdiagnosealter oder dem Tumorphänotyp vor.
Die Prävalenz von BRCA1/2-PVs betrug 11,0 % (95-%-KI: 7-17 %). Patienten mit BRCA1/2-PVs zeigten keinen früheren Krankheitsbeginn als Patienten ohne. Das vorherrschende klinische Erscheinungsbild der Tumorphänotypen war Östrogenrezeptor (ER)-positiv, Progesteronrezeptor (PR)-positiv und HER2-negativ (77,7 %). 10,2 % der Tumoren waren tripple-positiv und 1,2 % tripple-negativ.
Die Prävalenz weiterer Prädispositionsgene bei singulären mBC betrug 3 % CHEK2, <1 % ATM und <1 % PALB2. Die Studienautoren schlussfolgern daraus, dass unabhängig von der Familienanamnese, dem Alter bei Krankheitsbeginn und dem Tumorphänotyp Genpanelanalysen bei mBC sinnvoll sind.
Aufgrund der hohen Erkrankungsrisiken insbesondere für Männer mit PV in BRCA2 wird das DK-FBREK außerdem Früherkennungsmaßnahmen vorantreiben, um die Versorgung von Männern mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko zu verbessern.
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