MDK-Prüfungen: Neue Vereinbarung soll Konflikte reduzieren

Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist vorsichtig optimistisch, dass die neue Vereinbarung zur Prüfung von Krankenhausrechnungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) das bisherige Verfahren verbessert. „Wenn das neu vereinbarte Vorverfahren vor Einschaltung des MDK von den Kassen konstruktiv gelebt wird, besteht zumindest die Chance, die erheblichen bürokratischen Belastungen der Krankenhäuser infolge der MDK-Streitigkeiten zu mindern“, sagte der Präsident der DKG, Alfred Dänzer, bei einer DKG-Informationsveranstaltung in Berlin.
Das setze aber voraus, dass die einzelnen Krankenkassen aufhörten zu versuchen, über massenhafte Rechnungsinfragestellungen die Vergütungen der von den Krankenhäusern erbrachten Leistungen zu kürzen. „Das vereinbarte Vorverfahren könnte zudem dazu beitragen“, so Dänzer weiter, „die Einschaltung des MDK zurückzufahren und die verbindliche Vereinbarung von Verfahrensabläufen für alle Beteiligten zu mehr Verfahrenssicherheit und zur Beschleunigung der Verfahren führen.“
Neue Vereinbarung tritt im kommenden Jahr in Kraft
Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern um korrekte Abrechnungen stationärer Leistungen gekommen war, hatte die schwarz-gelbe Regierung im vergangenen Jahr DKG und GKV-Spitzenverband gesetzlich dazu verpflichtet, das Verfahren zur Prüfung von Krankenhausabrechnungen neu auszugestalten, damit künftig „Konflikte zwischen den Vertragspartnern bei der Abrechnungsprüfung im Krankenhausbereich“ vermieden werden.
Mithilfe der Bundesschiedsstelle haben sich beide Seiten am 18. Juli auf eine „Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V“ (Prüfverfahrensvereinbarung –PrüfvV) verständigt, die ab dem 1. Januar 2015 in Kraft tritt. Der PrüfvV zufolge bleibt es bei der Sechs-Wochen-Frist für das erste Aufgreifen eines Falles. Verstreicht diese Frist, ist der Fall von der weiteren Prüfung ausgeschlossen.
Kassen und Krankenhäuser können Streitigkeiten in einem Vorverfahren klären
Neu ist die Möglichkeit, ein sogenanntes Vorverfahren zwischen Krankenkasse und Krankenhaus zu eröffnen, bevor der MDK eingeschaltet wird. Dabei hat das Krankenhaus die Möglichkeit, auch nach Einleitung des Prüfverfahrens korrigierte oder ergänzte Datensätze beziehungsweise eine geänderte Rechnung innerhalb von sechs Wochen an die Krankenkasse zu übermitteln. In der Folge kann die Kasse das Verfahren beenden. Eine Einigung zwischen Kasse und Krankenhaus kann zudem während eines sogenannten Falldialogs erzielt werden.
Kommt es zu keiner Einigung, beauftragt die Kasse den MDK mit der Prüfung der Abrechnung. Dabei besteht für den MDK keine Beschränkung der Prüfung auf den Prüfanlass. Der PrüfVv zufolge sollen sich der MDK und das Krankenhaus in der Folge darüber verständigen, ob die Prüfung vor Ort oder schriftlich stattfindet. Einigen sich beide Parteien nicht, entscheidet der MDK.
Krankenhausgesellschaft: „Es konnte Schlimmeres verhindert werden“
Bei einer schriftlichen Prüfung muss das Krankenhaus dem MDK die entsprechenden Unterlagen innerhalb von vier Wochen zukommen lassen. Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen sind dabei nur einmalig möglich. Innerhalb von neun Monaten muss der MDK dem Krankenhaus seine Entscheidung mitteilen.
Die Verhandlungspartner bezeichneten die Vereinbarung als Kompromiss, bei dem beide Seiten Abstriche hätten hinnehmen müssen. Der Grundgedanke der neuen Vereinbarung sei gewesen, ein Vorverfahren zu schaffen und nur mit den Fällen, die unvermeidbar seien, den MDK zu beauftragen, erklärte Johannes Wolff, Leiter der Abteilung Krankenhaus beim GKV-Spitzenverband, auf der Informationsveranstaltung. Zudem solle die Datenbasis unveränderlich sein. Mit der PrüfvV gebe es nun einen deutlich verbindlicheren Rahmen als zuvor. Es handele sich jedoch nicht um die Wunschvereinbarung der Kassen.
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der DKG, Andreas Wagener, betonte, dass „Schlimmeres verhindert“ worden sei, wie die Forderung des GKV-Spitzenverbandes nach einer Strafzahlung bei fehlerhaften Abrechnungen sowie nach Aufwandspauschalen für die Krankenkassen. Die Etablierung eines Vorverfahrens mit Falldialog schaffe Regeln für ein in der Praxis bisher regellos durchgeführtes Verfahren. „Zudem ersetzen künftig straffe Fristenregelungen generalklauselartige unbestimmte Rechtsbegriffe“, betonte Wagener.
Deutliche Kritik aus den Krankenhäusern
Krankenhausvertreter werteten die neue Vereinbarung hingegen deutlich kritischer als die DKG. So kritisierte der Abteilungsleiter Patientenverwaltung der Westküstenkliniken Heide und Brunsbüttel, Martin Blümke, dass die Krankenhäuser lediglich vier Wochen Zeit hätten, um dem MDK die Unterlagen zuzusenden. Ungerecht sei auch, dass der MDK bestimmen könne, ob das Verfahren schriftlich oder vor Ort ablaufe. Zudem könne der MDK beliebig erweitern, was geprüft werde.
Blümke stellte die Sinnhaftigkeit der MDK-Prüfungen insgesamt infrage. Denn bei 14.000 ICD-Schlüsseln sei es praktisch unerfüllbar, jede Krankenhausleistung korrekt zu kodieren. Bei den MDK-Prüfungen gehe es den Krankenkassen schlicht darum, Geld zu sparen und nicht darum, ob korrekt kodiert worden sei oder nicht. Deshalb sei auch das Vorverfahren „ohne Sinn und Verstand“, weil die Kassen mit einer Einigung im Vorverfahren kein Geld verdienen könnten.
„Hier wird zu Kodierfragen, was eigentliche Vergütungsfragen sind“
Auch Wolfgang Fiori von der DRG-Research-Group des Universitätsklinikums Münster wies darauf hin, dass es bei Krankenhausrechnungen keinen Goldstandard gebe. Die Frage, welches im konkreten Fall die korrekte Abrechnung sei, sei schwierig zu beantworten. Wenn Krankenkassen von Abrechnungsfehlern sprächen, legten sie lediglich Grauzonen zu ihren Gunsten aus. „Es handelt sich dabei aber um keine Fehler“, betonte Fiori. Hier werde zu einer Kodierfrage, was eigentlich eine Vergütungsfrage sei.
Blümke und Fiori kritisierten darüber hinaus, dass Krankenhäuser zunehmend Mitarbeiter für das Kodieren beschäftigen müssten, die dadurch der Patientenversorgung entzogen würden.
Abschließend rügte Blümke die „Kampagnen“ des GKV-Spitzenverbandes, die den Eindruck erweckten, dass Krankenhäuser Abrechnungen bewusst fälschten. Mit dieser Kriminalisierung von Krankenhausmitarbeitern müsse endlich Schluss sein. DKG-Präsident Dänzer hatte zuvor erklärt, dass neuesten Umfragen zufolge über 60 Prozent der Prüfanlässe darin beständen, dass Krankenkassen nach Abschluss der Behandlung die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung in Frage stellten. Blümke: „Das hat mit einer korrekten Abrechnung nichts zu tun.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: