Medizin

Medikamenteninduzierte Lungenerkrankungen: Amiodaron häufigster Auslöser

  • Dienstag, 22. April 2025
/Soni's, stock.adobe.com
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Leipzig – Auf eine steigende Zahl von medikamenteninduzierten Lungenerkrankungen in den vergangenen Jahren wiesen Fachleute auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) in Leipzig hin.

So zeigt etwa eine Auswertung der französischen Pharmakovigilanzdatenbank, dass sich medikamenteninduzierte Lungenerkrankungen in den vergangenen 37 Jahren in Frankreich verzehnfacht haben (European Respiratory Journal, 2025; DOI: 10.1183/13993003.00756-2024). Als Auslöser wurden meist Krebsmedikamente (31,2 %) und kardiovaskuläre Therapeutika (29,1 %) angegeben. Die Forschenden identifizierten insgesamt 7.234 Fälle.

Das häufigste auslösende Medikament war das Antiarrhythmikum Amiodaron, was in 10 % der Fälle als ursächlich vermutet wurde (n=1.290). Die durch Amiodaron hervorgerufenen pulmonalen Schäden könnten sehr vielfältig sein, erklärte Eva Lücke vom Universitätsklinikum Magdeburg auf dem Kongress.

Wichtig sei es bei Verdacht auf eine medikamentöse Schädigung nicht nur die aktuelle Medikation, sondern auch vergangene Therapeutika abzufragen: „Das mediane Auftreten bis zur Lungenerkrankung liegt bei Amiodaron bei 378 Tagen“, erklärte die Expertin.

Der Grund sei, dass Amiodaron eine sehr lange Halbwertszeit habe und der Metabolit Desethylamiodaron lange in der Lunge enthalten bleibe. „Das bedeutet, dass selbst wenn die Serumkonzentration von Amiodaron nicht mehr messbar ist, es noch in der Lunge vorhanden sein kann.“ Als wichtigste Therapieoption nannte die Pneumologin Karenz sowie die Therapie mit Prednisolon für etwa ein Jahr.

Nebenwirkungen durch Immuncheckpointinhibitoren

3,1 % der medikamenteninduzierten Lungenerkrankungen waren in der französischen Erhebung auf das Antirheumatikum Methotrexat zurückzuführen (n=401). Bei den Krebsmedikamenten wurden die häufigsten pulmonalen Störungen unter Nivolumab (n=219), gefolgt von Gemcitabin (n=211) und Bleomycin (n=206) gemeldet.

Nivolumab gehört zu den Immuncheckpointinhibitoren, die seit einigen Jahren vermehrt zum Einsatz kommen. Die Substanzklasse kann ebenfalls zu einer Vielzahl pulmonaler Reaktionen führen, wie Jens Schreiber auf dem Pneumologie Kongress erläuterte. Einer US-amerikanischen Erhebung kommen pulmonale Nebenwirkungen bei 13-15 % der Patienten und Patientinnen vor, die mit Immuncheckpointinhibitoren behandelt werden (The Lancet Oncology, 2024; DOI: 10.1016/S1470-2045(24)00278-X).

Meist seien die pulmonalen unerwünschten Wirkungen leichtgradig und würden im ersten Jahr nach Therapiebeginn auftreten, so Schreiber. Allerdings gebe es schwerwiegende Fälle. „Die Pneumonitis nicht die häufigste, aber die am häufigsten tödlich endende Nebenwirkung von Immuncheckpointinhibitoren.“ Häufiger kommen endokrine Nebenwirkungen oder Reaktionen der Haut vor – allerdings sind diese im Gegensatz zu pulmonalen Störungen mit einem Überlebensvorteil verknüpft.

In der französischen Datenbank wurden 96,7 % aller Fälle als schwerwiegend klassifiziert. Die Autoren und Autorinnen räumen allerdings ein, dass schwere unerwünschte Reaktionen eher in Datenbanken berichtet würden als leichte unerwünschte Ereignisse. Darin besteht eine weitere Limitation der Studie: Nicht alle Nebenwirkungen werden in den Datenbanken berichtet. „Es ist allgemein bekannt, dass nur 5-10 % der unerwünschten Wirkungen tatsächlich an die Pharmakovigilanz gemeldet werden“, so die französischen Forschenden.

mim

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