Medizinische OP- und FFP2-Masken: Chancen und Risiken

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) begrüßt als Fachgesellschaft die Initiative der Bundesregierung, die Maskenpflicht als wirkungsvollen Schritt zum Infektionsschutz mit in den Vordergrund zu stellen – Bürger sollen nach Regierungsbeschluss ab sofort in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Geschäften nur noch qualitativ hochwertige, medizinische Masken tragen. Dies sei als Initiative geeignet, die Schutzwirkung zu verbessern.
In ihrer Stellungnahme weisen die deutschen Pneumologen allerdings gleichzeitig darauf hin, dass sowohl chirurgische als auch FFP-Masken (die sind mit medizinischen Masken gemeint) letztlich mit einem anderen Ziel entwickelt worden sind, und infolgedessen für den eigenen Schutz und den Fremdschutz der Bevölkerung nur einen Kompromiss darstellen können.
Korrekte Handhabung wichtig
In der Stellungnahme wird ausführlich die Filterwirkung der verschiedenen FFP-Masken (FFP1-3) erläutert, dies anhand objektivierbarer Kriterien wie Filterleistung, erlaubter Leckage (Atmen an der Maske vorbei durch ein Leck) sowie der Atemwegswiderstände beim Ein- und Ausatmen. Obwohl danach FFP-Masken derzeit den bestmöglichen Selbstschutz vor dem Inhalieren von virushaltigen Aerosolen darstellten, sei dies stets nur bei korrekter Handhabung gewährleistet, betont die Fachgesellschaft. Sie rufen daher dazu auf, die Bevölkerung besser als bisher darüber aufzuklären, wie die Masken korrekt zu tragen seien.
Dominic Dellweg, Mitautor der Stellungnahme und Chefarzt am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg, betont die Bedeutung dieses Faktors: „Wir wissen sowohl aus Studien als auch aus jüngsten Erfahrungen, dass mitunter selbst beim medizinischen Personal und auch bei Pflegekräften solche Faktoren zu vermehrten Infektionen führen können“.
Der Laie sollte nicht nur wissen, dass Bärte fast zwangsläufig Undichtigkeiten hervorrufen. Dem Träger müsse bewusst sein, dass das Atmen zwar erschwert werde – es sei, wie durch einen Strohhalm Luft einsaugen zu müssen –, dass dies aber zugleich ein Beleg für die Dichtigkeit der Maske und somit erwünscht sei. Die Nutzer müssten daher darüber aufgeklärt werden, dass es die Schutzwirkung solch hochwertiger Masken konterkariere, wenn über eine Leckage ein und ausgeatmet würde.
„Sitzt die Maske von vorneherein nicht dicht, lockert sie sich unwillkürlich oder verschafft sich der Träger bewusst Luft, schüttet man das Kind mit dem Bade aus“, warnt Dellweg, „da sich die Luft immer den Weg des geringsten Widerstandes sucht“.
Einschränkung für Bartträger
Aber anders als beispielsweise in den USA und Großbritannien ist in Europa vor Nutzung einer FFP-Maske keinerlei Prüfung auf Dichtigkeit vorgeschrieben, lediglich die Einschränkung für Bartträger wird erwähnt. Das in den USA vorgeschriebene Testverfahren auf Dichtigkeit vor Nutzung einer solchen Maske ist hingegen sehr komplex. „Hier prüft man unter anderem mit verschiedenen Geruchsstoffen, ob ein Leck besteht“, erläutert Dellweg und ergänzt: „Klar ist auch, dass die Fehlerquote durch Schulung und Training verbessert werden kann“.
Während sich aber bei der Herstellung der verschiedenen Maskenformen die Hersteller in den USA an einer Testbatterie von normierten Kunstköpfen orientieren können, die durch die Vermessung von tausenden von US Bürgern erstellt worden sind, gibt es einen ähnlichen Ansatz für FFP-Masken in Europa nicht. Hier ist insbesondere offen, inwieweit die Passform für Kinder gewährleistet werden kann. Sind die Nutzer gesund, sehen die Pneumologen keine Hinweise für Probleme mit dem Atemwegswiderstand.
„Viele tragen diese Masken während eines Arbeitstages und kommen damit auch zurecht“, erklärte Dellweg. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass dies eine umso größere Herausforderung darstelle, je körperlich anstrengender die Arbeit sei, schränkt der Pneumologe ein.
Vorsicht ist überdies geboten bei Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht so ohne weiteres in der Lage sind, gegen einen erhöhten Atemwegswiderstand anzuatmen. Daher betont die Stellungnahme explizit für Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen, dass „jede Maske in Abhängigkeit von ihrem Luftwiderstand und der Dichtigkeit an der Gesichtshaut die Atemarbeit erhöht. Patienten mit Herz- und/oder Kreislauferkrankungen sollten daher im Einzelfall in Abhängigkeit vom Erkrankungsstadium mittels einer Blutgasanalyse oder Belastungsuntersuchung mit Maske evaluiert werden.“
Zu bedenken ist, dass FFP-Masken zwar entsprechend ihrer Norm ein Ausatemventil haben dürfen, welches ungefilterte Luft abgibt. Dies bedeutet jedoch, dass diese FFP-Masken keinen Fremdschutz mehr bieten und infolgedessen von der Empfehlung ausgenommen werden sollten.
Alle Entscheidungen, auch das ist den Lungenfachärzten ein wichtiges Anliegen, müssten vor dem Hintergrund getroffen werden, dass es wegen des erhöhten Bedarfs nicht zu einer Verknappung der Masken für das medizinische Personal und die Pflegekräfte kommen dürfe. Daher äußern sie sich auch zur Frage der Wiederverwendbarkeit von FFP-Masken. Denn FFP-Masken verlieren, wenn sie nass werden, also auch beim Waschen, ihre elektrostatischen Eigenschaften und infolgedessen auch einen Teil ihrer Filterleistung.
Eine einfache Lösung bietet sich dadurch an, dass man FFP-Masken an der Luft vor erneuter Verwendung liegen lässt. Denn SARS-CoV-2 Viren haben außerhalb ihrer Wirte nur eine begrenzte Überlebenszeit. Auf festen Oberflächen lässt sich nach 96 Stunden kein vitales Virus mehr nachweisen.
Trocknung im Backofen
Eine aktuelle Initiative der Fachhochschule Münster empfiehlt daher eine Lagerung von sieben Tagen. Eine Alternative ist die Trocknung über 60 Minuten bei konstant 80 °C im Backofen. Beides ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geeignet, keine vitalen Viren auf der Maske zu belassen. Jedoch können sich bei der Nutzung der Maske auf deren Oberfläche auch Bakterien ansammeln, die mit den angegebenen Verfahren nicht zuverlässig zu beseitigen oder zu inaktivieren sind, warnen die Pneumologen in ihrer Stellungnahme.
Nach Auffassung der DGP gibt es derzeit keinen hygienisch validierten und in der Breite durchführbaren Aufbereitungsalgorithmus, der eine benutzte FFP-Maske in ihren Ausgangszustand versetzt.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: