Ärzteschaft

Medizinstudierende wehren sich gegen Ökonomisierung der Medizin

  • Dienstag, 12. März 2019
/thodonal, stockadobecom
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Berlin – Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) hat mit einer neuen Stellungnahme Position gegen eine Ökonomisierung der Medizin bezogen. Die Medizinstudierenden unterstützen darin ausdrücklich die Maßnahmen der Arbeits­gemein­schaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) für eine wissenschaftlich begründete, patientenzentrierte und ressourcenbewusste Versorgung.

„Es ist längst überfällig, dass sich alle Akteure des Gesundheitswesens zum Thema Medizin und Ökonomie positionieren und für die Patienten, aber auch für die Mitarbei­tenden im Gesundheitswesen einstehen“, heißt es in der bvmd-Stellungnahme.

Zeit für das Patientengespräch

Die Medizinstudierenden fordern zunächst ausreichend Zeit für das Gespräch mit Patien­ten, damit diese zusammen mit ihren Ärzten eine gemeinsame fundierte Therapieent­scheidung treffen können.

„Damit eine gemeinsame Entscheidungsfindung möglich ist, muss zum einen genügend Zeit für adäquaten Informationsaustausch zur Verfügung stehen, zum anderen ist es längst notwendig, Kommunikationsfertigkeiten und -bedingungen auf Ärzteseite zu stärken. Zustände, in denen Ärzte gefühlt oder real zu wenig Zeit für Patienten haben, sind in der Versorgung riskant und unwürdig“, schreibt die bvmd.

Arbeits- und Führungskultur

„Das Patientenwohl muss der ethische Maßstab für alle Entscheidungen in der Gesund­heits­­versorgung sein. Dies darf keinesfalls eine hohle Phrase bleiben, sondern muss durch fundamentale Änderungen und Fokussierungen zur Realität werden“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Dazu müssten sich Managemententscheidungen im Kranken­haus vorrangig an einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung orientieren statt an betriebswirtschaftlichen Zielgrößen. Die Zukunft der Versorgung kann aus Sicht der bvmd nur sichergestellt werden, wenn Gesundheitsberufe und Klinikmanagement dabei gemein­schaftlich agieren.

Die bvmd schlägt daher vor, bei der Besetzung von ärztlichen und pflegerischen Leitungs­positionen im Krankenhaus künftig nicht nur die jeweilige berufliche Kernkompetenz, sondern auch qualifizierte Kenntnisse in Ökonomie, Ethik, Management und Recht maß­geb­lich zu beachten. In ähnlicher Weise sollten leitende Krankenhausmanager neben ihrer ökonomischen Fachkompetenz auch über grundlegende Kenntnisse in praktischer Patientenversorgung verfügen.

Die bvmd hält es zudem für unabdingbar, gemeinsame Ziele für die Versorgung zu definieren. „Jedes Haus, jede Praxis, jeder Gesundheitsdienst und jedes Team im Gesund­heitswesen benötigen Ziele, welche mit allen Akteuren weiterentwickelt und kommu­ni­ziert werden“, heißt es in der Stellungnahme.

Wichtig seien zudem neue sektorenübergreifende Versorgungskonzepte. „Maßnahmen wie die Einrichtung interdisziplinärer Versorgungszentren, die Nutzung von Telemedizin sowie eine bessere Überwachung im ambulanten Setting befürworten wir“, heißt es in der Stellungnahme.

„Wir fordern alle gesundheits- und berufspolitischen Handlungsträger, Führungsebenen von Gesundheitseinrichtungen, Leitungen von heilberuflichen Lehr- und Ausbildungs­an­stalten sowie jeden einzelnen Akteur im Gesundheitswesen dazu auf, proaktiv Impulse für den Wandel zu setzen“, appellieren die Medizinstudierenden.

Die AWMF sieht die Qualität in der Medizin durch die zunehmende Öko­nomi­sierung bedroht. In einer Anfang Dezember 2018 veröffentlichten Stellungnahme mahnte sie bereits verschiedene Ansatzpunkte an, um dieser Entwicklung zu begegnen. 

Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM-Netzwerk) hat sich Ende Februar der AWMF-Position angeschlossen und eine Abkehr von der Gewinnmaximierung in der Gesundheitsversorgung gefordert. Mit dem jetzt vorliegenden Positionspapier unterstützt auch die bvmd diesen Appell.

hil

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