Mehr als 110.000 offene Verfahren wegen Kindesmissbrauchs in Indien
Neu Delhi – Mehrere Sexualverbrechen gegen Kinder erschüttern derzeit Indien. Nun will der Oberste Gerichtshof des Landes für schnellere Gerechtigkeit sorgen. Er wies gestern die obersten Gerichte der Bundesstaaten des Landes an, Verfahren wegen Kindesmissbrauchs voranzutreiben, teilte Alakh Alok Srivastav, Anwalt am Obersten Gerichtshof, mit. Er hatte einen entsprechenden Antrag gestellt.
Nach zusammengetragenen Zahlen der untergeordneten Gerichte gebe es in Indien mehr als 110.000 unabgeschlossene Verfahren wegen solcher Straftaten, sagte Srivastav. Indiens Justiz arbeitet notorisch langsam. Die Kinderstiftung des Friedensnobelpreisträgers Kailash Satyarthi hatte zwei Wochen zuvor einen Bericht vorgelegt, demzufolge es rund 20 Jahre dauern würde, den gesamten Rückstau an unabgeschlossenen Verfahren wegen Kindesmissbrauchs im Land aufzuarbeiten – und das auch nur, wenn keine neuen Fälle hinzukämen.
Ein sechs Jahre altes Mädchen war am vergangenen Sonntag im ostindischen Bundesstaat Odisha gestorben – gut eine Woche, nachdem es vergewaltigt worden war. Indische Medien berichteten gestern von zwei weiteren mutmaßlichen Sexualmorden an Kindern. Es hatte in den vergangenen Wochen in mehreren Städten Proteste wegen Sexualverbrechen gegen Minderjährige gegeben. Entsetzen hatte besonders der Fall eines achtjährigen Mädchens ausgelöst, das in der Himalaya-Region Jammu entführt, von mehreren Männern tagelang vergewaltigt und schließlich umgebracht worden war.
Die Regierung hatte am 21. April eine Verordnung erlassen, die die Vergewaltigung von Mädchen unter zwölf Jahren unter Todesstrafe stellt. Nach den jüngsten offiziellen Statistiken wurden 2016 in Indien 19.765 Vergewaltigungen von Minderjährigen erfasst. Die Dunkelziffer dürfte sehr hoch sein. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle stammt der Täter aus dem Umfeld des Opfers.
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