Ausland

Mehr als 80 Prozent der beatmeten Coronapatienten in Brasilien gestorben

  • Mittwoch, 31. März 2021
Kreuze stehen vor der Kirche Nossa Senhora de Caravaggio während einer Gedenkveranstaltung für die über 300.000 COVID-19-Todesopfer in Brasilien./picture alliance, Lucas Amorelli
Kreuze stehen vor der Kirche Nossa Senhora de Caravaggio während einer Gedenkveranstaltung für die über 300.000 COVID-19-Todesopfer in Brasilien./picture alliance, Lucas Amorelli

Rio de Janeiro – Seit Beginn der zweiten Coronawelle in Brasilien sind einer Studie zufolge mehr als 80 Prozent der Patienten, die intubiert werden mussten, gestorben. Die Sterblichkeitsrate seit dem 15. Feb­ruar liegt bei 83,5 Prozent und ist damit deutlich höher als in Ländern wie Mexiko, Großbritannien oder Deutschland, wie brasilianische Forscher gestern mitteilten.

Die Studie gebe Aufschluss über den Zustand der Krankenhäuser in dem südamerikanischen Land: „Es zeigt die Zerbrechlichkeit des Gesundheitssystems, das bereits seit Jahren unter unzureichenden Inves­titionen litt und von der großen Anzahl der Fälle überrollt wurde“, sagte Fernando Bozza von der Fio­cruz-Stiftung. Einige Krankenhäuser seien so überlastet, „dass sie Patienten außerhalb der Intensivsta­tion intubieren müssen“.

Bozza und sein Forschungsteam hatten zusammen mit Wissenschaftlern von der Universität São Paulo Daten über Coronapatienten in den Intensivstationen von öffentlichen und privaten Kranken­häusern ausgewertet. Dabei konzentrierten sich die Forscher auf Fälle von Patienten mit schwerer Atemnot, die intubiert werden mussten.

Große Unterschiede bestehen der Studie zufolge zwischen den Regionen sowie zwischen öffentlichen und privaten Krankenhäusern. Im ärmeren Regionen im Norden und Nordosten lag die Sterblichkeitsrate bei Intensivpatienten bei rund 90 Prozent, während sie im wohlhabenden Südosten bei knapp 80 Pro­zent lag – und im renommierten Sirio-Libanés-Krankenhaus in São Paulo bei nur 25 Prozent.

Eine frühere Studie mit 250.000 Patienten vom 15. Februar bis zum 15. August 2020 hatte ergeben, dass die Sterblichkeitsrate bei brasilianischen Patienten mit schwerer Atemnot bei 78,7 Prozent lag. Bereits damals überstieg sie deutlich vergleichbare Werte in Großbritannien (69 Prozent), Mexiko (knapp 74 Prozent) oder Deutschland (rund 53 Prozent).

In Brasilien hatten die Gesundheitsbehörden erst in der vergangenen Woche das Überschreiten der Schwelle von 100.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden und damit einen neuen Rekord vermelden müssen. Das südamerikanische Land verzeichnete seit Beginn der Pandemie fast 314.000 Coronatote. Nur in den USA wurden noch mehr Todesfälle registriert.

Unterdessen hat Brasilien erneut einen Tageshöchstwert bei den Coronatoten registriert. 3.780 Todes­fälle im Zusammenhang mit COVID-19 in den vergangenen 24 Stunden meldete das Gesundheitsminis­terium in Brasília gestern Abend. Am Dienstag vergangener Woche hatte Brasilien erstmals mehr als 3.000 Coronatote an einem Tag er­fasst.

Insgesamt sind 317.646 Menschen im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben, mehr als 12,6 Millionen Menschen haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Nur in den USA sind die Zahlen höher. Brasilien hat 210 Millionen Einwohner und ist 24 Mal so groß wie Deutschland.

Das Gesundheitssystem ist vielerorts zusammengebrochen oder am Zusammenbruch. Medikamente, un­ter anderem zur Intubation von COVID-19-Patienten, drohen zur Neige zu gehen. Der brasilianische Prä­sident Jair Bolsonaro hat das Coronavirus von Anfang an verharmlost. Zuletzt milderte der Rechtspopu­list seinen Ton – auch mit Blick auf Impfungen – allerdings etwas ab.

Angesichts zunehmender Kritik wegen fehlenden Krisenmanagements in der Coronapandemie tauschte Brasiliens Staatschef sechs Minister aus, die Spitzen von Armee, Luftwaffe und Marine räumten ihre Posten.

afp/dpa

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