Mehr Tempo bei der Digitalisierung der Verwaltung nötig

Berlin – Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind davon überzeugt, dass die meisten Behördengänge problemlos auch online erledigt werden können. Besonders gefragt sind dabei Onlinedienstleistungen für Familien, wie die Beantragung des Kindergeldes (62 Prozent) oder eines Kitaplatzes (61 Prozent), aber auch die An- oder Ummeldung eines Wohnsitzes (74 Prozent) oder die Beantragung eines Führungszeugnisses (55 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1.000 Befragten ab 14 Jahren.
Deutschland weit abgeschlagen
Im europäischen Vergleich steht Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung jedoch nicht gut da, sondern befindet sich lediglich auf Platz 21. Damit liege Deutschland sogar unter dem Länderdurchschnitt innerhalb der EU, erklärte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, heute vor der Presse. „Die Bundesregierung muss endlich aktiv werden. Anstehen auf dem Amt und aufwändiger Papierkram bei der Beantragung von Dokumenten und Sozialleistungen machen unser Leben unnötig kompliziert. Im digitalen Staat erledigen wir Behördengänge schnell im Netz und bequem vom Wohnzimmer aus“, so Rohleder.
Der Stand der Digitalisierung bei Verwaltungsleistungen sei ein „Skandal“, erklärte auch der Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrats (NKR), Johannes Ludewig. Als unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung hat der NKR hierzu inzwischen drei Gutachten vorgelegt und die Bundesregierung wiederholt zum Handeln aufgefordert. Länder wie Österreich seien zehn Jahre weiter als Deutschland, auch wenn das in der Öffentlichkeit häufig nicht so wahrgenommen werde, denn „der Wirtschaft geht es ja gut“, kritisierte Ludewig. Für den Standort Deutschland habe die Frage der Digitalisierung aber eine „überragende Bedeutung“, denn Wirtschaft und Verwaltung seien aufeinander angewiesen. Zudem hätten 50 Prozent der Einsparungen bei bürokratischen Prozessen mit Digitalisierung zu tun, erläuterte er.
Onlinezugangsgesetz soll Verwaltung digitalisieren
Ludewig verwies zudem auf das Onlinezugangsgesetz, das voraussichtlich Ende 2018 verabschiedet werden soll. Danach sollen bis zum Jahr 2022 circa 570 Dienstleistungen der Verwaltung für den Bürger online zugänglich sein. Um dieses Ziel noch erreichen zu können, sei das Gesetz in einer gemeinsamen Anstrengung durch Bund, Länder und Kommunen umzusetzen. Digitalisierung müsse auf allen staatlichen Ebenen zur „Chefsache“ werden, forderte er. Auch sei es sinnvoll, Schriftformerfordernisse grundsätzlich abzuschaffen und für die Beibehaltung im Einzelfall eine Begründung zu verlangen. Darüber hinaus müssten öffentliche Register für einen nutzerfreundlichen und datenschutzkonformen Austausch von Bürger- und Unternehmensdaten modernisiert werden.
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