Menschenkette, Mahnwache: Arndt-Streit mobilisiert Greifswalder

Greifswald – Die Greifswalder Universität hat entschieden, den Namen ihres Patrons Ernst Moritz Arndt (1769–1860) abzulegen. Diese Entscheidung spaltet die Stadt. Gegner und Befürworter gingen am Wochenende auf die Straße. Mit einer Menschenkette forderten am Samstag nach Polizeiangaben rund 600 Menschen den Senat der Universität auf, die Entscheidung zu überdenken. Als Zeichen der Verbundenheit umarmten sie mit der Menschenkette Greifswalder Uni und Rathaus. Die Veranstalter sprachen von etwa 1.000 Teilnehmern.
Der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni und das Bündnis „Greifswald für Alle“ setzten sich bei ihrer Demonstration am Sonntag mit rund 200 Teilnehmern dafür ein, die in der Bevölkerung umstrittene Entscheidung zu akzeptieren. Sie warben unter dem Motto „Für die Universität, für Greifswald, für Menschenrechte“ für eine weltoffene, tolerante Gesellschaft.
Die nationalkonservative Initiative „Das ist unser Ernst“ mit rund 170 Teilnehmern demonstrierte in Blickweite der Studenten für den Erhalt des Uni-Namens. Diese Bürgerinitiative ist initiiert von Anhängern der Pegida-nahen Greifswalder Bewegung „Frieden, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit“ (FFDG). Nach Angaben der Polizei waren unter den Demonstranten auch Mitglieder der NPD und von rechten Kameradschaften. Bis zum Abend blieben die Demonstrationen friedlich.
Das höchste Hochschulgremium, der erweiterte Senat, hatte am 18. Januar mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit die Ablegung des Namens Ernst Moritz Arndt beschlossen. Dies hatte zu Empörung in breiten Teilen der Greifswalder Bevölkerung geführt.
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sascha Ott warf der Universität am Samstag vor, so lange abgestimmt zu haben, bis das Ergebnis gepasst habe. Die Argumente der Arndt-Gegner seien scheinheilig, sagte Ott. Diejenigen, die für die Ablegung des Namens gestimmt hätten, gäben vor, weltoffen und tolerant zu sein, akzeptierten aber nicht, dass Arndt ein Teil der Geschichte Pommerns sei.
Auf der studentischen Demonstration verteidigte Pro-Rektor Micha Werner die Entscheidung des Uni-Senats. Mit der Ablegung des Namens kehre die Uni zu ihrem alten Namenskern zurück: Universität Greifswald.
Noch ist die Entscheidung des Universitätssenats nicht in Kraft. Das Kultusministerium muss den Beschluss laut Landeshochschulgesetz genehmigen. Dem Ministerium liegen bislang 13 Beschwerden gegen die Namensablegung vor. Schon 1998, 2001 und 2010 waren an der Hochschule Diskussionen um den Namenspatron entbrannt. In Abstimmungen waren die Arndt-Gegner bislang unterlegen.
Uni-Rektorin Johanna Eleonore Weber hatte zuvor nochmals deutlich gemacht, dass es nicht um eine Tilgung der Erinnerung an Ernst Moritz Arndt gehe. Wenn das höchste Gremium der Universität mit der hohen Hürde einer Zwei-Drittel-Mehrheit die Namensablegung beschlossen habe, dann zeige sich darin auch ein Wandel im Selbstverständnis neuer Generationen, sagte Weber.
Der Name „Ernst Moritz Arndt“ war der Uni Greifswald 1933 durch den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring genehmigt worden. Historiker kritisieren, Arndt sei antisemitisch und nationalistisch gewesen. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. Andere loben Arndts Kampf für die deutsche Einheit und Demokratie im 19. Jahrhundert. Bundesweit sind Straßen, Schulen und Kasernen nach ihm benannt.
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