Minderjährige auf Küstenwachenschiff „Diciotti“ dürfen von Bord

Rom/Valletta – Schon eine Woche lang sitzen 177 gerettete Bootsflüchtlinge auf einem Schiff der italienischen Küstenwache fest – nun ist zumindest den Minderjährigen auf der „Diciotti“ erlaubt worden, im sizilianischen Catania von Bord zu gehen. Ein Staatsanwalt aus dem sizialianischen Agrigente erklärte heute, die 29 Minderjährigen an Bord hätten das Recht, an Land zu gehen.
Zuvor hatte sich die Staatsanwaltschaft im Rahmen von Ermittlungen wegen möglicher Freiheitsberaubung an Bord der „Diciotti“ ein Bild von der Lage der Bootsflüchtlinge gemacht. Italiens Innenminister Matteo Salvini erteilte seine Zustimmung zur Entscheidung des Staatsanwalts. „Es gibt an Bord der ‚Diciotti' 29 Kinder?“, schrieb er im Onlinenetzwerk Facebook. „Sie dürfen von Bord gehen. Jetzt. Auch wenn Brüssel schläft.“
Salvini hatte zuvor erklärt, er wolle die 177 Bootsflüchtlinge erst ins Land lassen, wenn andere EU-Staaten verbindlich die Aufnahme eines Teils der Migranten zusagen. Der Chef der fremdenfeindlichen Partei Lega drohte gar, die geretteten Migranten zurück nach Libyen bringen zu lassen, wenn keine europäische Lösung zustande komme.
Die „Diciotti“ hatte vor einer Woche 190 Bootsflüchtlinge an Bord genommen, 13 von ihnen wurden sofort ins Krankenhaus gebracht. Die italienische Regierung verweigerte dem Schiff der Küstenwache zunächst die Einfahrt in einen italienischen Hafen. Am vergangenen Montag durfte die „Diciotti“ im sizilianischen Catania anlegen, von Bord gehen durften aber nur Angehörigen der Küstenwache.
Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli, dem die Küstenwache untersteht, hatte gestern in einem Interview mit dem Sender Euronews gesagt, er hoffe auf eine schnelle Lösung. „Wir warten auf Europe, vor allem auf die Pro-Europäer wie (Emmanuel) Macron und (Angela) Merkel“, sagte er mit Blick auf den französischen Staatschef und die deutsche Kanzlerin.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte die italienische Regierung gestern aufgefordert, alle 177 Migranten sofort an Land zu lassen. Sie benötigten Hilfe und hätten ein Recht auf Asyl, schrieb UNHCR-Sprecherin Carlotta Sami im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der bekannte italienische Autor Roberto Saviano hatte der italienischen Regierung vorgeworfen, sie habe „177 Menschen als Geiseln“ genommen.
Die maltesische Marine rettete derweil heute weitere 100 Bootsflüchtlinge aus Seenot. Zwei Flüchtlinge seien gestorben, noch bevor das Marineschiff vor Ort gewesen sei, hieß es in einer Mitteilung. Das Flüchtlingsboot war demnach leck geschlagen und lief bereits voll Wasser.
Nach ihrer Rettung rund 125 Kilometer südlich von Malta wurden die 100 Überlebenden ebenso wie die zwei Todesopfer in die Hauptstadt Valletta gebracht. Dort wurden die Geretteten den Angaben zufolge in eine Haftanstalt gebracht.
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