Ministerpräsidenten erhöhen zum Bund-Länder-Treffen Druck auf Scholz

Berlin – Die Länderchefs erhöhen vor dem morgigen Treffen zur Energiepreiskrise den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Erwähnt wurden dabei heute auch die Krankenhäuser.
Die Regierungschefs der Länder kommen morgen Mittag zwar zu einer Sonderkonferenz zusammen. Anders als ursprünglich vorgesehen, wird es im Anschluss aber keine Bund-Länder-Gespräche mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) geben.
Der Kanzler habe ihn gebeten, diese Beratungen auf den 4. Oktober zu verschieben, hatte der MPK-Vorsitzende, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), überraschend am Nachmittag mitgeteilt. Wie auch Regierungskreise in Berlin bestätigten, möchte Scholz persönlich an den Beratungen teilnehmen.
Dies sei dem Kanzler aufgrund seiner coronabedingten Isolation derzeit nicht möglich, erklärte Wüst. Die Länderchefs wollten dennoch zusammen kommen, um an Lösungen zu arbeiten, „wie unser Land in der Energiekrise gut durch Herbst und Winter kommt“.
Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) hatte zuvor gesagt, er erwarte für das Treffen „keine einfachen Gespräche“. Seiner Meinung nach muss der Bund aber akzeptieren, dass wichtige Bereiche, die von der Energiekrise betroffen sind, bei den bisherigen Entlastungsmaßnahmen noch nicht hinreichend berücksichtigt würden.
Das gelte für den Bereich der Wirtschaft, „aber auch für andere wichtige Bereiche wie beispielsweise Krankenhäuser, Stadtwerke oder ÖPNV“, betonte Weil. Die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen reichten nicht aus.
Die Krankenhäuser sind vielfach aufgrund er steigenden Energiepreise erheblich belastet. Hinzu kommt die steigende Inflation. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und weitere Akteure im Gesundheitswesen wie zum Beispiel die Bundesärztekammer haben den Bund aufgerufen, stationäre und ambulante Einrichtungen ebenfalls unter den Schutzschirm zu nehmen. Die Arztpraxen sind bislang in der Debatte kaum ein Thema gewesen. Auch unter den Ministerpräsidenten nicht.
Hamburgs Regierungschef Peter Tschentscher (SPD) hält ein Aussetzen der Schuldenbremse zur Finanzierung der Maßnahmen für „gut begründbar“. Er forderte seine Kollegen auf, die Maßnahmen des dritten Entlastungspakets im Bundesrat zu unterstützen. Allerdings sei eine Einigung über die Kostenverteilung die Voraussetzung für diese Unterstützung.
Viele Länder würden „überfordert, weil zusätzliche Belastungen aus der Flüchtlingsaufnahme oder einer Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket hinzukommen“, sagte er weiter. An diesen Stellen könnten finanzielle Ausgleichsmaßnahmen des Bundes ansetzen.
Die Menschen brauchten in unsicheren Zeiten „schnellstmöglich Sicherheit“, sagte Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) der Welt. Bovenschulte forderte rasche Entscheidungen. „Der Energiepreisdeckel muss jetzt kommen.“ Schon jetzt drohten „aufgrund der Kauf- und Investitionszurückhaltung tiefe Einschnitte in unsere Wirtschaft und sind Arbeitsplätze in Gefahr“, mahnte der Bremer Regierungschef.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte der Zeitung, notfalls werde auf der regulären Herbstkonferenz der Ministerpräsidenten Mitte Oktober weiter über die Aufteilung der Kosten beraten. „Klar ist, dass diese Aufteilung fair sein muss“, so Dreyer.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte den Bund auf, einen Energiepreisdeckel für Deutschland zu beschließen. „Die Strompreise müssen deutlich sinken und sich an den Herstellungskosten orientieren.“ Die Spritpreise müssten wieder mit den Rohölpreisen synchronisiert werden. Zudem müsse die Bundesregierung "endlich die Schuldenbremse aussetzen", forderte Ramelow.
Die Bundesregierung hatte Anfang des Monats ein 65 Milliarden Euro umfassendes drittes Entlastungspaket als Ausgleich für rasant steigende Preise vorgestellt. Dazu zählen Einmalzahlungen für Rentner und Studierende sowie ein Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom. Der Bund bietet Geld für ein Folgeangebot des 9-Euro-Tickets an – wenn die Länder dies mitfinanzieren.
Die Finanzierungsfragen sind allerdings zwischen Bund und Ländern noch nicht geklärt. Die Ministerpräsidenten wehren sich vehement gegen zu hohe Kostenlasten und kritisieren den Stil der Ampel-Koalition bei ihrem nicht mit den Ländern abgesprochenen Aufschlag. Einzelne Länder drohten bereits mit Blockaden im Bundesrat.
Scholz verbringt seine Isolationszeit komplett im Kanzleramt. Die kleine Wohnung dort „bietet sich an, weil ich von hier aus meiner Arbeit gut nachgehen kann“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Besondere Umstände mache dies keine. Hunderttausende Bürger hätten in den vergangenen zweieinhalb Jahren Zeit in Quarantäne oder Isolation verbracht, „da muss ich kein Aufhebens drum machen“.
Auf ärztlichen Rat nehme er Paxlovid, sagte Scholz weiter. „Das Medikament kann helfen, die Ausbreitung des Virus im Körper zu unterdrücken.“ Gesundheitlich gehe es ihm „den Umständen entsprechend ganz gut“.
Die Infektion scheine eher mild zu verlaufen. Um die abgesagten Termine tue es ihm Leid. „Nun nutze ich die Zeit, um intern vieles zu bewegen“, sagte der Bundeskanzler. Scholz war gestern positiv auf das Coronavirus getestet worden.
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