Modellprojekte zur Fernbehandlung dienen auch Qualitätssicherung

Stuttgart – Die neuen Modellprojekte der Landesärztekammer Baden-Württemberg zur Fernbehandlung von Patienten sollen auch dazu beitragen, dauerhaft eine hohe Qualität der Versorgung zu gewährleisten. „Wir möchten die qualitativ hochwertige gesundheitliche Fernberatung durch Ärzte möglichst lokal und mit dem Kammersiegel versehen bieten – und Patienten nicht zumuten, sich an zumindest fragwürdige kommerzielle Anbieter im Ausland zu wenden“, sagte der Kammerpräsident Ulrich Clever im Vorfeld des Deutschen Ärztetages.
Ärztliche Fernbehandlungen und Telemedizin finden heute bekanntlich bereits deutschlandweit statt, jedoch ausschließlich bei Bestandspatienten, die der Arzt vorher in der Klinik oder in seiner Praxis gesehen hat. Im Sommer vergangenen Jahres hatte die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg aber den Weg für die Fernbehandlung auch neuer Patienten freigemacht, allerdings nur im Rahmen von Modellversuchen. Diese müssen zuvor von der Landesärztekammer genehmigt und während der Laufzeit evaluiert werden.
„Hierbei geht es nicht um eine Verlagerung oder Veränderung der bisherigen ärztlichen Versorgung, sondern um eine Ergänzung. Ein offenes Angebot, wie es im Ausland bereits erfolgreich praktiziert wird, und von dem wir wissen wollen, ob es auch bei uns Akzeptanz in der Ärzteschaft und bei den Patienten findet“, erläuterte Clever.
Kriterienkatalog erarbeitet
Die Kammer hat einen umfangreichen Kriterienkatalog für die Modellversuche erarbeitet. Eine der Bedingungen ist demnach beispielsweise, dass der medizinische Standard auch bei Fernbehandlungen eingehalten werden muss. Im Hinblick auf die Patientensicherheit müssten zudem die krankheits- und patientenbezogenen Umstände in die Entscheidung über Art um Umfang der Fernbehandlung einbezogen werden. Auch Datenschutz und Qualitätssicherung hätten „höchste Priorität“, hieß es aus der Kammer.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte, die Telesprechstunde könnte im ländlichen Raum genauso sinnvoll sein wie allgemein zur Entlastung von Arztpraxen oder von Notfallambulanzen auch im städtischen Bereich. Deshalb beabsichtige er, von den Kammern genehmigte Projekte zu unterstützen und zu fördern. Das Thema Digitalisierung wird auch im Fokus des 120. Ärztetages vom 23. bis zum 26. Mai stehen, zu der die Kammer 250 Delegierte aus ganz Deutschland in Freiburg erwartet.
Clever äußerte sich im Vorfeld des Ärztetages auch zur Vergütung ärztlicher Leistungen. Sie müsse attraktiver gestaltet werden, um junge Ärzte im Lande zu halten. „Großbritannien, Skandinavien und die Schweiz bieten vielfach attraktivere Rahmenbedingungen für die ärztliche Berufsausübung“, so der Kammerpräsident. Ziel der Ärzteschaft sei, unter anderem im privatärztlichen Bereich eine moderne und kontinuierlich auf dem Stand des medizinischen Fortschritts und der Kostenentwicklung gehaltene ärztliche Gebührenordnung zu schaffen, die gleichzeitig den Patienten vor finanzieller Überforderung und den Arzt vor einem ruinösen Unterbietungswettbewerb schütze, so der Kammerpräsident.
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