Montgomery: Privatpatienten bei Transplantation nicht bevorzugt

Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) hat Vorwürfe über einen möglichen Einfluss des Versichertenstatus bei der Organvergabe zurückgewiesen. „Die Patientinnen und Patienten erhalten Organe unabhängig von ihrem Versicherungsstatus ausschließlich nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery am Mittwoch in Berlin. Der Anteil an privatversicherten Patienten, die in den letzten Jahren ein neues Organ erhalten hätten, entspreche nahezu dem Anteil an Privatversicherten in der Gesamtbevölkerung.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe hatte zuvor vorgerechnet, dass der Anteil der Privatversicherten auf der Warteliste für eine Leber bei 9,7 Prozent, der Anteil derjenigen Privatversicherten, die 2011 eine neue Leber bekamen, aber bei 13,1 Prozent lag. Ein ähnliches Bild ergab sich den Berechnungen Terpes zufolge bei Herzen (Warteliste 9,5 Prozent, Transplantationen 11 Prozent), bei Lungen (6,9 im Vergleich zu 9,5 Prozent) und bei Bauchspeicheldrüsen (2,6 im Vergleich zu 4 Prozent). Ähnliche Auffälligkeiten entdeckte Terpe auch beim Anteil der Privatversicherten am sogenannten beschleunigten Verfahren, bei dem die Transplantationszentren unabhängig von der Warteliste selbst Patienten auswählen dürfen.
Montgomery warf Terpe unseriöse Berechnungen und Verunsicherung der Bevölkerung vor. Für die Nierentransplantation liege der Anteil an Privatversicherten mit 7 Prozent niedriger als in der Gesamtbevölkerung. „Dies lässt Terpe unerwähnt, wenn er nur ausgesuchte Zahlen heranzieht und diese problematisiert.“ Der Ärztepräsident verwies zudem darauf, dass Privatversicherte die gleiche oder sogar eine höhere Sterblichkeit auf der Warteliste aufwiesen als gesetzlich versicherte Patienten.
Zuvor hatte auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Vorwürfe zurückgewiesen, Privatversicherte würden begünstigt. Die Bundesregierung könne keinen Trend feststellen, der für ihre Bevorzugung spreche, sagte Bahr im NDR. Ein genereller Unterschied zwischen gesetzlich und privat Krankenversicherten werde nicht gemacht. „Das weiß ich auch aus den Transplantationszentren“, sagte der Minister.
Deutschland sei nach Angaben der für die Organverteilung zuständigen Stiftung Eurotransplant im Übrigen das einzige Land im Organspendeverbund, in dem der Versichertenstatus nachträglich erhoben werde, fügte er hinzu. Die Entscheidung zur Organzuteilung finde „daher ohne Berücksichtigung des Versichertenstatus statt.“
Die Vorsitzende der Grünenfraktion im Bundestag, Renate Künast, forderte Bahr auf, die Vorwürfe aufzuklären. „Herr Bahr sollte seine Hausaufgaben im Bereich der Organspende machen.“ Die Linkspartei nahm den Verdacht der Bevorzugung von Privatpatienten zum Anlass, ihre Forderung nach Abschaffung der Privatversicherung zu bekräftigen.
„Bei der Organspende zeigen sich die zynischen Folgen der Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland“, erklärte die Linken-Gesundheitsexpertin Martina Bunge.
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