Ärzteschaft

Mpox: Therapiehinweise für Deutschland aktualisiert

  • Freitag, 6. September 2024
/JUN LI, stock.adobe.com
/JUN LI, stock.adobe.com

Berlin – Vor dem Hintergrund des Mpox-Ausbruchs in mehreren afrikanischen Ländern hat ein Expertennetz­werk beim Robert-Koch-Institut (RKI) die Therapiehinweise für die Viruserkrankung in Deutschland aktualisiert.

Die heute ver­öffentlichten Handlungshinweise des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungs­zentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger (STAKOB) zufolge ergeben sich etwa Anpassungen in Bezug auf die Patientenver­sor­gung.

Hintergründe sind die Ausrufung einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite durch die Weltge­sund­heitsorganisation (WHO) Ende August und die neu entdeckte Virusklade Ib, die in Deutschland bisher noch nicht nachgewiesen wurde. Die bisherigen Mpox-Fälle hierzulande ab 2022 wurden durch Viren der Klade II hervorgerufen.

Neu ist bei Klade Ib, dass sie neben sexuellem Kontakt auch durch sehr engen Körperkontakt vermehrt zu An­steckungen führt, etwa in Familien oder Flüchtlingslagern unter schlechten Hygienebedingungen, wie der STAKOB festhält.

Isolation bei Verdacht oder Nachweis von Klade-I-Infektion

Aktuell ist dem Dokument zufolge nicht sicher, ob sich Klade-I-Infektionen in Europa hinsichtlich Klinik und Übertragbarkeit wie die schon bekannten Klade-II-Infektionen verhalten.

Daher sollen Betroffene bei einem Verdacht auf eine Infektion mit Klade I oder einem solchen Nachweis unabhän­gig von der Lokalität der Läsionen isoliert werden, schreibt der STAKOB. „Die Isolation dauert, bis Allgemein­symp­tome abgeklungen sind und Schorf und Krusten vollständig abgeheilt bzw. abgefallen sind.“

Die Hinweise zum Umgang mit Patienten, die vermutlich oder nachweislich von Klade-II-Viren betroffen sind, sind unverändert geblieben. Empfohlen wird eine Isolation, solange die Läsionen an Körperstellen nachweisbar sind, die im Alltag nicht mit Kleidung oder Schutzverband abgedeckt werden können sowie Krankheitssympto­me wie Fieber bestehen.

Kontakte zu besonders vulnerablen Gruppen wie Schwangeren, Immungeschwächten, Kindern und Hochbetag­ten sollen vermieden werden, solange die Läsionen nicht abgeheilt sind.

Einziges Arzneimittel gegen Mpox begrenzt verfügbar

Zur Behandlung Betroffener hält die Gruppe fest, dass das einzige in Europa zugelassene Mpox-Therapeutikum Tecovirimat in Deutschland aktuell „nur in begrenzter Menge verfügbar“ sei.

Im Fall einer Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf soll in der derzeiti­gen epidemiologischen Situation mit dem regional zuständigen STAKOB-Behandlungszentrum Kontakt aufge­nommen werden, lautet der dringende Rat.

Erste noch nicht publizierte Ergebnisse aus einer Studie in der Demokratischen Republik Kongo hatten kürzlich gezeigt, dass das Virostatikum bei mit Klade I Infizierten keinen Einfluss auf die Dauer bis zur Heilung der Läsio­nen hatte. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Der Ständige Arbeitskreis bewertet dies allerdings noch sehr zurückhaltend: „Anhand der veröffentlichten Top­line-Ergebnisse kann aus Sicht des STAKOB keine definitive Aussage zu Wirksamkeit von Tecovirimat getroffen werden.“ Für die Interpretation wichtige Details sind demnach noch nicht veröffentlicht.

Allgemein wird aber auch festgehalten, dass es derzeit noch keine größeren klinischen Studien gebe, die belast­bare Hinweise auf eine Wirksamkeit von Tecovirimat liefern könnten.

Hinzu kommt: „Aufgrund von Hinweisen auf eine mögliche rasche Resistenzentwicklung sollte die Indikation für eine Tecovirimat-Therapie streng gestellt werden und das Arzneimittel primär Personen mit der Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs angeboten werden“, betonte der STAKOB.

Eine Indikation besteht demnach am ehesten bei relevanter Immundefizienz, etwa Organ- oder Stammzelltrans­plantation. Bei immunkompetenten Patienten könne die Therapie aber auch angezeigt sein, beispielsweise je nach Art und Lokalisation der Läsionen, dem klinischen Bild und der sozialen Situation, hieß es.

Der STAKOB geht in dem Papier zudem noch auf weitere Substanzen ein, die infrage kommen könnten. Dazu heißt es aber, dass diese derzeit nur sehr eingeschränkt oder gar nicht verfügbar seien.

Impfstoff wohl unabhängig von Klade wirksam

Mit Blick auf den Impfstoff Imvanex schreiben die Experten, dass angesichts der gezeigten Kreuzimmunität zu Mpox von einer Wirksamkeit unabhängig von der vorliegenden Virusklade ausgegangen werde. Im Unterschied zu den Therapieoptionen ist nicht von Verfügbarkeitsproblemen die Rede: Imvanex sei regulär über den Groß­handel verfügbar.

Die Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) ist seit dem aktuellen Mpox-Ausbruch in afrikani­schen Ländern nicht verändert worden. Sie richtet sich an Menschen mit erhöhtem Expositions- und Infektions­risiko. Das sind insbesondere Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex haben (MSM) und häufig den Partner wech­seln, darüber hinaus etwa Personal in Speziallaboratorien.

„Die epidemiologische Entwicklung wird fortlaufend beobachtet und bei Änderung der Risikokonstellationen bzw. der betroffenen Bevölkerungsgruppen wird die Empfehlung ggf. angepasst“, schreibt die Gruppe.

Was für Reisende in Mpox-Ausbruchsgebiete gilt

Die Frage einer Mpox-Impfung ist neben den Risikogruppen auch für Menschen relevant, die etwa aus berufli­chen Gründen in die Ausbruchsgebiete reisen, wie humanitäre Helfer. Betroffen ist derzeit vor allem die Demo­kratische Republik Kongo, aber auch mehrere benachbarte Länder verzeichneten bereits Fälle von Klade Ib.

Eine Mpox-Reiseimpfempfehlung gibt es bisher aber nicht, wie das RKI in einem Online-FAQ schreibt: weder von der STIKO, noch der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit oder des Auswärti­gen Amtes. Dennoch sei eine fehlende STIKO-Empfehlung kein Hindernis für eine begründete Impfung. „So kann nach Nutzen-Risikoabwägung individuell über eine Impfung entschieden werden.“

Angesichts des aktuellen Ausbruchs mit Klade I wird folgende relevante Impfindikationen gesehen: Exposition wegen beruflichen Tätigkeiten und damit verbundenen engen/anhaltenden Kontakten zur Lokalbevölkerung in den betroffenen Gebieten, beispielsweise Menschen, die als Katastrophenhelfer oder medizinsichen Notfallhilfe tätig sind.

Es liege in der Verantwortung von Ärztinnen und Ärzten, mit Patientinnen und Patienten die individuelle Situa­tion einzuschätzen und auf diese Schutzmöglichkeit hinzuweisen, schreibt das RKI.

ggr

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung