Nächtliches Einnässen bei Kindern: Urotherapeutische Beratung für Eltern erforderlich

Münster – Eltern mit einnässenden Kindern benötigen Hilfe dabei, wie sie mit der Enuresis des Nachwuchses umgehen sollen. Das Anamnesegespräch beim Urologen und die Diagnose mittels Anamnesefragebögen stellt laut Leitlinie bereits den ersten Schritt einer urotherapeutischen Behandlung dar. Eine Studie brasilianischer Mediziner hat hingegen gezeigt, dass Eltern ihre Kinder für das Einnässen häufig bestrafen. Von dieser erzieherischen Maßnahme raten die Leitlinien aber eindeutig ab.
In einigen Fällen kommt es bereits nach der Diagnose zu einer Besserung der Inkontinenz. Denn die Eltern und ihr betroffenes Kind setzen sich dabei intensiv mit dem Problem auseinander. Sie lernen, dass es sich bei der Enuresis um eine Reifungsverzögerung der nächtlichen Blasenkontrolle handelt. Nur extrem selten seien organische oder psychische Erkrankungen die Verursacher, schreibt Eberhard Kuwerzt-Bröking, ehemaliger Oberarzt am Universitätsklinikum Münster in einem Kommentar, der diese Woche in der Aktuellen Urologie (doi: 10.1055/s-0042-111912) erschienen ist.
Im Anamnesegespräch sollte der Arzt nach Scham- oder Schuldgefühlen der Kinder fragen. Die Vorstellung der Eltern von einer „normalen“ Kontinenzentwicklung und den Ursachen sei ebenfalls wichtig. In Kuwerzt-Brökings Fazit heißt es, dass der Arzt die Eltern unbedingt aufklären sollte, dass es sich bei der Enuresis nicht um schlechtes Benehmen handle. Unwillkürlicher Urinverlust, allgemein als Harninkontinenz bezeichnet, könne daher nicht mit Drohungen oder Strafen behoben werden. Eine professionelle Betreuung sei nötig.
„Erstaunlicherweise wird Gewalt häufig in Familien beobachtet, in denen bereits Eltern an einer Enuresis litten, vor allem Mütter führen Bestrafungen durch“, schreibt Kuwertz-Bröking über die Ergebnisse der brasilianischen Studie mit 87 Kindern im Alter zwischen sechs und 15.
Können organische Ursachen ausgeschlossen werden, spricht man von einer „funktionellen Blasendysfunktion“ und einer „nicht-organischen (funktionellen) Harninkontinenz“.
Bei Kindern mit funktioneller Blasendysfunktion hilft am besten die Standardurotherapie. Das zeigen die Ergebnisse der European Bladder Dysfunction Study. Bei etwa 40 Prozent verbesserten sich die Symptome deutlich, weitere 40 Prozent konnten geheilt werden.
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