Ärzteschaft

NAV-Virchow-Bund: Politik drückt sich um Megathemen der Versorgung herum

  • Freitag, 7. November 2014
Uploaded: 07.11.2014 17:49:57 by mis
Dirk Heinrich /Pietschmann

Berlin – Der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dirk Heinrich, hat die immer größer werdende Regelungsdichte kritisiert, denen sich die Ärzteschaft gegenüber sieht. „Wir haben in den vergangenen Jahren ein Stakkato an Gesetzen erlebt“, sagte Heinrich heute auf der Bundeshauptversammlung des Verbandes in Berlin. Statt Lösungen für die drängenden Probleme in der Gesundheitsversorgung anzugehen, doktere die Politik jedoch nur an den Symptomen herum.

Konkret kritisierte Heinrich den Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes: „Die geplan­ten Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sind eine populistische Scheinlösung für ein Problem, das tatsächlich in einigen Bereichen besteht, das man aber durch diese Regelung nicht lösen kann.“ Denn wenn in Thüringen oder Mecklen­burg-Vorpommern kein Hausarzt mehr vor Ort sei, nütze auch eine Servicestelle nichts, denn „die KVen können sich schließlich keine Ärzte schnitzen“.

Heinrich: „Aufkauf von Arztsitzen bringt gar nichts“
Zudem passe dieses Vorhaben nicht zu den Plänen, die Zulassungsausschüsse zum Aufkauf von Arztsitzen in überversorgten Gebieten zu verpflichten. „Ein solcher Aufkauf bringt gar nichts“, betonte Heinrich. Denn wenn zum Beispiel in Hamburg 40 von 80 Radiologie-Sitzen aufgekauft werden würden, ließen sich dennoch keine 40 Radiologen plötzlich in Mecklenburg-Vorpommern nieder. Stattdessen müsse man dann in Hamburg doppelt so lange auf einen Termin beim Radiologen warten.

„Noch schlimmer ist die Zwangsparität in den Kassenärztlichen Vereinigungen, die auch noch während einer Wahlperiode eingeführt werden soll“, kritisierte der NAV-Vorsitzende. „Das ist undemokratisch, und wir lehnen das ab.“ Zudem könnten Hausärzte und Fachärzte selbstverständlich vernünftig zusammenarbeiten. Vor Ort funktioniere das ja auch.

Heinrich: Weiterbildung auch bei fachärztlichen Disziplinen fördern
Heinrich sprach sich zudem dafür aus, die Weiterbildung auch bei fachärztlichen Disziplinen zu fördern. Er kritisierte hingegen die Pläne der Koalition, die Förderung der Weiterbildung gesetzlich vorzuschreiben. „Die Förderung der ambulanten Weiterbildung aus dem Geld der KVen war eine aus der Not geborene Lösung“, erinnerte Heinrich. „Aus dieser freiwilligen Lösung eine gesetzliche Verpflichtung zu machen, ist eigentlich eine Unverschämtheit.“

Auch weitere Regelungen lehnt der Verband ab, zum Beispiel die Substitution ärztlicher Leistungen oder die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung, die sich wie ein roter Faden durch den Gesetzentwurf ziehe. Die Förderung der Praxisnetze sei zwar erfreulich – aber nicht, wenn sie aus den Mitteln der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung erfolge.

Und wie es mit den Wirtschaftlichkeitsprüfungen weitergehen werde, sei noch nicht abzusehen. „Mit dem Versorgungsstrukturgesetz wurde der Grundsatz ‚Beratung vor Regress‘ eingeführt. Wenn die Wirtschaftlichkeitsprüfungen jetzt regionalisiert werden, wissen wir noch nicht, welche Folgen das haben wird“, sagte Heinrich. So könne es auch sein, dass vor Ort die Regelungen wieder verschärft würden.

Als einzigen positiven Aspekt aus dem Gesetzentwurf nannte Heinrich die Zulassung von arztgruppengleichen Medizinischen Versorgungszentren.

Honorarpolitik an Acht-Punkte-Katalog der KBV orientieren
„Auch dieses Gesetz drückt sich wieder um die Megathemen der Versorgung herum“, kritisierte Heinrich abschließend. So werde weder die Finanzierung geklärt noch werde die demografische Entwicklung und der Ärztemangel ursächlich adressiert, und auch gegen die Budgetierung werde nichts getan.  

Heinrich forderte, dass sich die Honorarpolitik auch weiterhin an dem Acht-Punkte-Katalog orientieren müsse, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung vor zwei Jahren aufgestellt hat. Dazu gehörten die Einführung fester und kostendeckender Preise, die diagnostische und therapeutische Freiheit für Ärzte und die Abschaffung von Regressen bei veranlassten Leistungen.

fos

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