Neue Beschichtung soll implantatassoziierte Infektionen vermeiden

Jena – Eine antibiotikahaltige Beschichtung soll Titanimplantate vor der Besiedlung mit infektionsauslösenden Bakterien schützen. Das berichtet eine Arbeitsgruppe aus Jena in der Zeitschrift Biomaterials (2016; doi: 10.1016/j.biomaterials.2016.05.039).
In Deutschland werden mittlerweile pro Jahr rund 200.000 Hüftprothesen und 100.000 Knieprothesen implantiert. Komplikationen bei der operativen Implantation der Kunstgelenke sind selten. „Bei der Implantation einer Hüft- oder Knie-Totalendoprothese liegt die Gefahr einer postoperativen Infektion bei nur ein bis zwei Prozent.
"Allerdings stellt eine solche Infektion für die wenigen betroffenen Patienten eine Katastrophe dar“, berichtete Michael Diefenbeck, ehemaliger Mitarbeiter der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Jena. Daher seien neue Strategien notwendig, um implantatassoziierte Infektionen zu vermeiden, sagte der Mediziner, der mittlerweile am Universitätsklinikum in Oxford tätig ist.
Eine dieser Strategien ist es, die Oberfläche der Implantate mit antibakteriellen Substanzen auszustatten. Das hat ein interdisziplinärer Verbund von Wissenschaftlern der Universitätsklinik, des Innovent in Jena, des Lehrstuhls für Materialwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Thüringer Implantatherstellers Königsee Implantate GmbH entwickelt und getestet.
Innovent ist eine gemeinnützige Forschungseinrichtung aus Jena mit den Forschungsschwerpunkten Oberflächentechnik, Biomaterialien sowie magnetische und optische Systeme.
Die spezielle Beschichtung enthält eine hohe Konzentration des Antibiotikums Gentamicin. Zwar sind bereits mehrere antibakterielle Beschichtungen, auch unter Verwendung von Gentamicin, zum Schutz vor Infektionen bekannt. „Die Herausforderung bei diesem Projekt war es aber, eine relativ große Menge an Gentamicin stabil an die Oberfläche der Implantate zu binden“, erläuterte Christian Schrader.
Der Wissenschaftler vom Innovent testete hierzu verschiedene Trägerstoffe. „Wir haben auf den Implantaten eine Gentamicin-Tannin-Schicht realisieren können, die stark antibakteriell wirkt, dann aber innerhalb von rund fünf Tagen vollständig abgebaut wird. Das ist wichtig, damit Antibiotikaresistenzen verhindert werden“, so der Chemiker. „Durch die Auflösung dieser antibakteriellen Schutzschicht werden die darunterliegenden Poren in der Titanoberfläche wieder freigegeben, was das Einwachsen von Knochen und so die Verankerung des Implantats verbessert“, ergänzt Jürgen Schmidt, der das Projekt beim Innovent leitet.
In einer vorklinischen Studie haben die Wissenschaftler gezeigt, dass die Implantate mit der neuen Oberfläche in über 90 Prozent der Fälle einen Schutz vor der Anhaftung von Bakterien bieten. Dies wurde in mikrobiologischen und histologischen Untersuchungen nachgewiesen. „Diese neuen vorklinischen Erkenntnisse sind nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern könnten auch die Grundlage für eine neue Generation von sicheren Implantaten legen“, sagte Klaus Jandt, Lehrstuhl für Materialwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
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