Neue Leitlinien zur Laien-Reanimation: Erste Hilfe mit Smartphone

Washington/Antwerpen – Die American Heart Association und der European Resuscitation Council haben ihre Leitlinien zur Wiederbelebung nach Herz-Kreislauf-Stillstand aktualisiert. Beide Fachverbände motivieren Laien zur Brustkompression auch ohne Atemspende und versuchen die an vielen Orten vorhandenen AEDs in die Ersthilfe einzubeziehen. Beide sprechen sich auch für den Einsatz von Smartphone-Apps zur Alarmierung von kompetenten Ersthelfern in der Nähe aus.
In Europa erleiden jährlich etwa 500.000 Menschen außerhalb von Kliniken einen plötzlichen Herzstillstand, in den USA sind es schätzungsweise 326.000. Die Überlebenschancen liegen derzeit bei unter 10 Prozent. Notfallmediziner sind sicher, dass mehr Patienten überleben könnten, wenn Augenzeugen des Herzstillstands bereit wären, eine Reanimation durchzuführen, die viele von ihnen in einem Erste-Hilfe-Kurs gelernt haben. Die geringe Bereitschaft zur Reanimation wird teilweise auf die Abneigung der Bevölkerung zurückgeführt, eine von vielen Menschen als unhygienisch empfundene Atemspende durchzuführen. Studien haben gezeigt, dass auch eine alleinige Brustkompressionen erfolgreich sein kann.
Die neuen Leitlinien der US-amerikanischen und der europäischen Fachgesellschaften rufen die Bevölkerung deshalb auf – nach einem Anruf in der Notrufzentrale – eine Wiederbelebung mit alleinigen Brustkorbkompressionen zu beginnen, wenn sie Augenzeuge eines offenbaren Herz-Kreislauf-Stillstands werden. Dies sind Personen, die nach einem Kollaps nicht ansprechbar und nicht mehr normal atmen.
Die Devise lautet: Besser irgendeine Reanimation als keine Reanimation. Die Wiederbelebung besteht aus dem Eindrücken des Brustkorbs mit aufgelegten Händen um mindestens 5 Zentimeter in einer Frequenz von 100 bis 120 Mal pro Minute („press hard and fast“). Wenn der Ersthelfer eine gute Ausbildung in erster Hilfe hat und sich dazu in der Lage sieht, kann er die Brustkompressionen mit Atemspenden kombinieren. Auf jeweils 30 Brustkompressionen sollten jeweils zwei Atemspenden folgen. Die Atemspende ist fakultativ. Wer es nicht möchte, muss es nicht machen.
Beide Leitlinien sehen vor, dass die Notrufzentralen die Laien bei der Reanimation unterstützen. Der „Dispatcher“ soll den Laien erklären, wie er die Atemfunktion prüfen kann und ihm danach Anweisungen zur Brustkompression geben. Nach Kenntnis des genauen Ortes kann der „Dispatcher“ auf einen eventuell in der Nähe befindlichen AED (Automatisierter Externer Defibrillator) hinweisen. Dessen Nutzung in den ersten drei bis fünf Minuten kann nach Ansicht der Verbände die Überlebensraten deutlich auf bis zu 50 bis 70 Prozent steigern.
Beide Leitlinien unterstützen erstmals auch Projekte, die automatisch registrierte Ersthelfer benachrichtigen, die sich zufällig in der Nähe befinden. Seit diese „SMS-Alarmierung“ in einem Modellversuch in Stockholm den Anteil der Patienten, die vor Eintreffen des Notarztes von Laien reanimiert wurden, von 48 auf 62 Prozent erhöht hat, sind vielerorts Projekte entstanden. Neben Schweden („Livesaver“), den USA („Pulsepoint“) haben mittlerweile mit den Niederlanden („Hartveilig wonen“), Dänemark („FirstAED“) und der Schweiz („Ticino Cuore“) auch mehrere Nachbarschaftsländer Projekte initiiert. Der Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen ist mit Mobile Retter in Deutschland der Vorreiter.
Neben den Empfehlungen für die Laien-Ersthelfer haben beide Fachgesellschaften auch ihre Leitlinien zu anderen Aspekten der kardiovaskulären Reanimation überarbeitet. Die Publikationen stehen in den Fachzeitschriften Resuscitation und Circulation zum Download zur Verfügung.
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