Neue Migräne-Leitlinie: Fachgesellschaften üben Kritik an Versorgung

Berlin – Neue Empfehlungen für die Therapie der Migräneattacke und die Prophylaxe der Migräne haben die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) vorgelegt. Die Fachgesellschaften übten gleichzeitig deutliche Kritik an der Versorgung von Migränepatienten in Deutschland.
„Migränepatienten sind in Deutschland nicht ausreichend versorgt. Die Behandlungsmöglichkeiten werden derzeit nicht bei allen Patienten ausgeschöpft“, sagte der DGN-Kopfschmerzexperte Hans-Christoph Diener. Er hat die Leitlinienarbeit gemeinsam mit Charly Gaul und Peter Kropp von der DMKG koordiniert.
Grundlegender Überblick
Die neue Leitlinie gibt Ärzten und Patienten einen Überblick, was nach aktuellem Stand der wissenschaftlichen Medizin akut und vorbeugend gegen die häufige Kopfschmerzerkrankung hilft – und was nicht. Das knapp 100 Seiten umfassende Nachschlagewerk gewichtet medikamentöse, nichtmedikamentöse und interventionelle Verfahren und nimmt Stellung zu Therapien ohne Wirksamkeitsnachweis. „Die neue Migräne-Leitlinie ist eine Fortentwicklung von sechs deutschen und internationalen Leitlinien und derzeit der aktuellste Leitfaden zur Migränebehandlung“, so Diener.
Migräne ist die häufigste neurologische Erkrankung, an der in Deutschland etwa acht bis zehn Prozent der Männer und zehn bis 25 Prozent aller Frauen leiden. Laut einer Befragung der DMKG werden weniger als die Hälfte (43 Prozent) der Migränepatienten beim Hausarzt oder Internisten zu vorbeugenden Maßnahmen beraten. Auch beim Neurologen erhielten nur 57 Prozent entsprechende Informationen.
„Nur 22 Prozent der Migränepatienten, die von einer Prophylaxe profitieren könnten, erhalten auch vorbeugende Medikamente oder Maßnahmen“, kritisierte Charly Gaul, Generalsekretär und Pressesprecher der DMKG. Viele Patienten wüssten nicht, dass auch nichtmedikamentöse Maßnahmen in der Migränebehandlung eingesetzt werden könnten, kritisierte er.
„Regelmäßiger Ausdauersport hilft, Migräneattacken vorzubeugen. Auch Entspannungsverfahren und Stressmanagement haben sich in der Prophylaxe als wirksam erwiesen“, ergänzte Peter Kropp, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Rostock. Die nichtmedikamentösen Verfahren aus der Verhaltenstherapie seien so wirksam, dass sie als Alternative zur medikamentösen Prophylaxe eingesetzt werden könnten.
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