Ärzteschaft

Neue S3-Leitlinie für autoimmune Lebererkrankungen

  • Freitag, 13. Juni 2025
/SciePro, stock.adobe.com
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Hamburg – Eine neue S3-Leitlinie soll zu einer früheren Diagnostik und besseren Behandlung autoimmuner Lebererkrankungen beitragen. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) stellte die Leitlinie „Seltene Lebererkrankungen (LeiSe LebEr) – autoimmune Lebererkrankungen von der Pädiatrie bis zum Erwachsenenalter“ jetzt vor.

Innerhalb der Gruppe der seltenen Lebererkrankungen seien Autoimmunkrankheiten vergleichsweise häufig, schreibt die DGVS. „Umso größer ist der Bedarf an standardisierter Diagnostik und effektiver Therapie.“

In der Leitlinie geht es vornehmlich um drei Autoimmunkrankheiten, die allesamt zu den seltenen Lebererkrankungen gehören:

  • Autoimmune Hepatitis (AIH): Das Immunsystem greift aus ungeklärten Gründen die eigenen Leberzellen an. Dies führt zu einer Leberentzündung (Hepatitis). AIH kann laut Deutscher Leberhilfe zu akutem Leberversagen oder zu einer Zirrhose führen.

  • Primär biliäre Cholangitis (PBC): Zunächst greift die Krankheit die Gallengänge in der Leber an. Sie werden durch eine Entzündung zerstört. Langfristig ist das gesamte Lebergewebe betroffen, im Endstadium kann es zur Zirrhose kommen. PBC betrifft laut Leberhilfe vornehmlich Frauen.

  • Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Zunächst sind die Gallengänge in der Leber entzündet, und es kommt zum Gallestau. In 60 bis 80 % der Fälle geht laut Leberhilfe PSC mit einer entzündlichen Darmerkrankung einher. Langfristig kann der Gallestau zur Vernarbung führen. Außerdem kann Gallengangskrebs entstehen.

„Die Leitlinie ist ein wichtiger Schritt zur Optimierung der Patientenversorgung. Sie trägt die Erkenntnisse über seltene Lebererkrankungen in die Breite und ermöglicht eine frühzeitige Diagnose und Behandlung“, sagte Leitlinienkoordinator Ansgar Lohse, Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik (Gastroenterologie mit Sektionen Infektiologie und Tropenmedizin) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Ziel sei es auch, Komplikationen zu vermeiden. Dazu zählten Leberversagen, Leberkrebs oder die Notwendigkeit einer Transplantation.

Die Diagnostik autoimmuner Lebererkrankungen ist eine Herausforderung. Bei der AIH sei beispielsweise immer eine Leberbiopsie notwendig, um die Diagnose zu sichern, schreibt DGVS. Die Entnahme und Untersuchung einer Gewebeprobe sei entscheidend, da sich die Erkrankung klinisch und laborchemisch sehr unterschiedlich zeige.

„Die AIH ist unter den autoimmunen Lebererkrankungen sicherlich die wandlungsfähigste Erkrankung“, heißt es in der Leitlinie. AIH habe ein breites Manifestationsspektrum, von milden, asymptomatischen Leberwerterhöhungen bis hin zum akuten Leberversagen.

Auch die klinischen Verläufe unter Therapie würden sich stark unterscheiden, von schneller Remissionsinduktion mit nachfolgender steroidfreier immunsuppressiver Monotherapie bis hin zum Versagen einer Drittlinientherapie mit der Notwendigkeit einer Lebertransplantation.

„Aus Patientensicht hat sicherlich eine steroidfreie Therapie die höchste Priorität, die aktuell, bis zur Etablierung moderner selektiver Therapieansätze, nur durch eine Optimierung der Standardtherapie erreicht werden kann.“

Eine PBC kann hingegen meist durch den Nachweis spezifischer Antikörper in Verbindung mit einer Erhöhung der laborchemischen Cholestasemarker diagnostiziert werden. „Der Standard der Therapie ist weiterhin Ursodeoxycholsäure (UDCA), aber Zweitlinientherapien stehen zur Verfügung und neue Substanzen sind in der Entwicklung, um Patienten mit inadäquatem laborchemischem Ansprechen und/oder bei Nebenwirkungen wie Pruritus angemessen behandeln zu können“, heißt es in der Leitlinie.

Das Standardverfahren zum Nachweis einer PSC ist die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP). Es gibt laut Leitlinie keine medikamentöse Therapie, die die Prognose gesichert verbessern würde. Deswegen sollen PSC-Patienten rechtzeitig in einem Transplantationszentrum vorgestellt werden.

Während sich PBC fast ausschließlich im Erwachsenenalter manifestiert, treten PSC und AIH mitunter bereits im frühen Kindes- und Jugendalter auf. „Eine besondere Errungenschaft der Leitlinie ist daher die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere mit der Pädiatrie, und damit die Erstellung von Handlungsempfehlungen, die für Patientinnen und Patienten in allen Altersphasen Gültigkeit haben“, sagte DGVS-Mediensprecherin Birgit Terjung.

Von Schwangerschaften ist nicht per se abzuraten, wenn bei einer Frau eine autoimmune Lebererkrankung vorliegt, schreiben die Leitlinienautorinnen und -autoren. „Bei der AIH muss bei nicht abgeschlossener Familienplanung die immunsuppressive Therapie entsprechend geplant werden und teratogene Medikamente dürfen bei Kinderwunsch nicht gegeben werden.“

Bei autoimmunen Lebererkrankungen könnten krankheitsspezifische Indikationen für eine Lebertransplantation vorliegen, wie beispielsweise Pruritus oder rezidivierende Cholangitiden. Andererseits komme bei einem relevanten Anteil der Patientinnen und Patienten nach Lebertransplantation die Grunderkrankung wieder.

fri

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