Politik

Neuer Anlauf für Widerspruchsregelung bei der Organspende

  • Freitag, 31. Oktober 2025
/picture alliance, Bildagentur-online, Ohde
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Berlin – Aus dem Parlament heraus soll in dieser Legislaturperiode erneut ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende eingebracht werden.

„In der letzten Wahlperiode konnte unser Gruppenantrag wegen des Bruchs der damaligen Bundesregierung nicht mehr zur Abstimmung gebracht werden. Aber wir nehmen einen neuen Anlauf“, erklärte Gitta Connemann dem Deutschen Ärzteblatt.

Die CDU-Politikerin gehört gemeinsam mit Sabine Dittmar (SPD), Peter Aumer (CSU) und Armin Grau (Grüne) zu den Initiatorinnen und Initiatoren der neuen parlamentarischen Initiative.

„Unsere Gruppe hat sich erneut gegründet und wir synchronisieren uns gerade mit den Ländern“, so Connemann. Diese hatten erst vor wenigen Wochen, Ende September, einen Bundesratsbeschluss auf den Weg gebracht, demzufolge ein Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchslösung vorgelegt werden soll.

Mit diesem Beschluss muss sich die Bundesregierung jetzt befassen. Bereits im Juli 2024 hatte der Bundesrat einen solchen Gesetzentwurf für eine Änderung der Regeln für die Organspende in den Bundestag eingebracht. Dieser ist aber wegen der Neuwahlen inzwischen verfallen.

Unterstützt wird das Anliegen auch von Stefan Schwartze (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. „Als Patientenbeauftragter setze ich mich dafür ein, dass alle Bürgerinnen und Bürger eine informierte Entscheidung zur Organspende treffen können, als Abgeordneter setze ich mich aktiv für die Widerspruchsregelung ein“, sagte er dem Deutschen Ärzteblatt.  

Schwartze gehört als Parlamentarier auch der interfraktionellen Gruppe an, die einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchsregelung auf den Weg bringen will. Dass diese nicht das Allheilmittel für den Mangel an Spenderorganen sein kann, ist ihm klar. „Sie schafft jedoch einen rechtlichen Rahmen, der Transparenz und Klarheit bringt und den Grundstein zur Verbesserung struktureller Defizite bildet“, betonte er.

Die Widerspruchsregelung sei ein fassbares Instrument, das in anderen europäischen Ländern eine breite Zustimmung in der Bevölkerung gefunden und seine Machbarkeit bewiesen habe, so Schwartze.

Selbstverständlich müssten auch aktuelle Studien zu Rate gezogen werden, sagte er mit Verweis auf die neueste Studie eines internationalen Forschungsteams unter Beteiligung der Business School der Universität Hamburg, die jetzt im Fachjournal PNAS Nexus veröffentlicht wurde (2025; DOI: 10.1093/pnasnexus/pgaf311). Diese hatte gezeigt, dass die Einführung einer Widerspruchsregelung die angespannte Situation in der Organspende nicht spontan verbessern kann.

„Die Widerspruchslösung ist kein Allheilmittel“, räumte auch Connemann ein. „Aber wir haben inzwischen alle anderen Möglichkeiten genutzt: Krankenhäuser und Transplantationsbeauftragte wurden gestärkt, das Zusammenspiel der Strukturen verbessert. Seit 2020 sollen Ärzte und Bürgerämter aufklären. Es gibt das Organspenderegister. Aber die Zahlen stagnieren.“

Der fehlende Baustein ist für die CDU-Politikerin die Widerspruchslösung – verbunden mit einer breiten Aufklärungskampagne, wie im Rest Europas. „Dort gibt es deutlich höhere Spenderzahlen.“ In Wales habe beispielsweise die Spenderzahl mit der Einführung der Widerspruchslösung im Jahr 2015 um 34 Prozent zugenommen, argumentierte sie.

Schwartze ist vor allem wichtig, dass alle Menschen zu Lebzeiten eine Entscheidung für sich treffen und diese dokumentieren. Sollte es zu einer Änderung der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen kommen, müssten diese zwingend von einer kritischen Evaluation des Prozesses und der Strukturfragen flankiert werden, betonte der Patientenbeauftragte.

„Dazu gehört auch eine systematische Verbesserung der Spendererkennung“, so der SPD-Politiker. Technologische Fortschritte könnten dabei behilflich sein. Ein Beispiel dafür liefere das Universitätsklinikum Dresden, wo ein KI- gestütztes Spendererkennungs-Tool entwickelt und implementiert wurde. Dies verbessere die Zahlen deutlich.

Entscheidend ist für Schwartze auch die Rolle der Transplantationsbeauftragten an den Kliniken. „Wir müssen ihre Position stärken und ihnen mehr Handlungskompetenz geben.“ Sie brauchten eine Lobby und eine starke Vernetzung untereinander – damit Qualität in der Behandlung nicht nur gesichert, sondern auch weiterentwickelt werden könne. „Dafür müssen wir sie mit allen notwendigen und personellen Ressourcen ausstatten, die ein Funktionieren des Systems garantieren.“

ER

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